Personendaten


Kissinger Albert

Nachname
Kissinger
Vorname
Albert
Geburtsdatum
20.03.1881
Geburtsort
Bad Kissingen
Weitere Familienmitglieder

Eltern: Max Kissinger und Ernestine geb. Frank
Geschwister: Rosa verh. Eisenburg, Selma verh. Wolf, Moritz
Ehefrau: Jenny Baer
Kinder: Max und Ernst

Adresse

Marktplatz 17

Beruf/Ämter
Herrenkonfektionsgeschäft/Maßschneiderei
Emigration/Deportation

Dezember 1938 emigriert nach Lausanne
Juli 1939 nach Palästina

Sterbeort/Sterbedatum
Palästina - 1941

Biografie


Albert Kissinger kam am 20. März 1881 als Sohn von Max und Ernestine Kissinger geb. Frank in Bad Kissingen zur Welt. Seit 1891 besuchte er die Kissinger Realschule, die er 1897 erfolgreich abschloss. Er übernahm noch vor dem Ersten Weltkrieg das Konfektionsgeschäft und die Maßschneiderei seines Vaters am Marktplatz, die es zu großem Ansehen gebracht hatten. Unter Albert expandierte das Geschäft rasch. In den Sommermonaten unterhielt er in der Lindesmühlpromenade und später im Ballingbasar eine zusätzliche Filiale zu seinem Hauptgeschäft am Marktplatz.

Als Kassierer und zweiter Vorstand war er in der Kultusgemeinde viele Jahre aktiv. Wie sein Vater zeichnete er sich durch eine besondere Wohltätigkeit und ein außerordentliches soziales Engagement aus. In Mannheim heiratete er 1907 Jenny Baer, die dort 1884 geboren worden war, und gründete mit ihr eine Familie. Ihr erster Sohn Max wurde am 9. September 1908 und das zweite Kind Ernst wurde am 7. Januar 1910 in der Kurstadt geboren.

Nachdem sein Sohn Max 1935 nach Palästina emigriert war, bemühten sich die beiden Brüder Max und Ernst gemeinsam um eine Einwanderungsgenehmigung für ihre Eltern, doch zunächst ohne Erfolg. Probleme bereiteten den Brüdern aber nicht nur die britischen Mandatsbehörden. Ihre Eltern wollten eigentlich Deutschland noch nicht verlassen, an dem sie immer noch sehr hingen. Durch den Boykott in der NS-Zeit war Albert Kissinger in finanzielle Schwierigkeiten geraten, so dass eine Auswanderung für ihn nicht leicht zu finanzieren war. Außerdem hoffte er, dass der Nazi-Terror nur eine vorübergehende Erscheinung sei und sich die Verhältnisse in Deutschland wieder normalisieren würden.

Die Gräuel der Pogromnacht 1938 sollten Albert Kissingers Einstellung schlagartig verändern. Er erkannte nun, dass ein Bleiben in Bad Kissingen lebensgefährlich wäre, und entschloss sich daher mit seiner Frau zu einer höchst dramatischen Flucht aus Deutschland. Sein Sohn Ernst erinnert sich daran: „Wie Sie wissen, wurden in der Kristallnacht alle männlichen Juden in Kissingen verhaftet. Mein Vater war damals schon sehr krank (Parkinson) und entging dadurch der Verhaftung. Trotzdem flohen meine Eltern am nächsten Tag, wie sie gingen und standen, an die Nordgrenze (ich erinnere mich nicht an den Namen des Ortes), wo sie zurückgeschickt wurden. Sie fuhren dann durch ganz Deutschland an die Südgrenze, wo sie von der Schweiz hilfsweise hereingelassen wurden, auf Grund von Garantien von ansässigen Schweizer Vettern und Cousinen. Im Juli 1939 konnten sie dann endlich nach hier [gemeint ist Palästina] einwandern. Sie können sich vorstellen, was das für ältere kranke Leute psychisch und physisch bedeutete. Ich gebe Ihnen ja hier nur nackte Tatsachen an, denn was an Leid und Gefühlen sich damals abspielte, kann man gar nicht in Worte fassen. Daß sie ungeschoren im November 1938 noch aus Deutschland rauskamen, grenzt an ein Wunder.“ Nach ihrer dramatischen Odyssee quer durch ganz Deutschland lebte das Ehepaar Kissinger einige Zeit in Lausanne, ehe es gemeinsam im Juli 1939 nach Palästina auswandern konnte.

Dem schwer kranken Albert Kissinger waren jedoch nur noch zwei Jahre in Palästina vergönnt. Er starb 1941 im Alter von sechzig Jahren.


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Albert Kissinger im Purimkostüm

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Quellenangaben


Auszug: H.-J. Beck: Kissingen war unsere Heimat, Stand April 2017, S. 491ff
Elizabeth Levy, The Kissinger family, S.33
Schülerakte Jack-Steinberger-Gymnasium
Meldeunterlagen der Stadt Bad Kissingen

Bildnachweise


Fotos © Oda Kissinger
Kissinger Adressbuch 1925/27 © Stadtarchiv Bad Kissingen



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