Personendaten


Löwenthal Maier

Nachname
Löwenthal
Vorname
Maier
Geburtsdatum
24.03.1873
Geburtsort
Bad Kissingen
Weitere Familienmitglieder

Eltern: Hermann Löwenthal und Fanny geb. Frank
Geschwister: Hannchen, Ricka, Wilhelm, Nanny verh. Bodenheimer, Isidor
Ehefrau: Clothilde geb. Ehrmann
Kinder: Irene (verh. Appel), Fanny, Bertha

Adresse

Promenadestraße 3 (heute 7)

Beruf/Ämter
Viehhändler, Vertreter, Matratzenfabrikationsgeschäftsinhaber
Emigration/Deportation

August 1938 emigriert in die USA

Sterbeort/Sterbedatum
New York - 09.01.1951

Biografie


Maier Löwenthal kam am 24. März 1873 als Sohn von Hermann und Fanny Löwenthal geb. Frank in Bad Kissingen zur Welt. Sein Vater Hermann spielte als langjähriger Vorstand der Jüdischen Kultusgemeinde eine zentrale Rolle in seiner Heimatgemeinde.

Maier Löwenthal besuchte seit 1883 die Kissinger Realschule, die er im Juli 1891 erfolgreich abschloss, und wohnte bei seinen Eltern in der Maxstraße 3 bzw. der Promenadestraße. Er war zunächst Viehhändler und seit den 1920er-Jahren Eigentümer eines Betriebs, in dem Matratzen hergestellt wurden. Im Juli 1903 heiratete er die aus Darmstadt stammende Clothilde Ehrmann. Ein Jahr später wurde ihre erste Tochter Irene in Darmstadt geboren worden. Bald darauf zog die Familie nach Bad Kissingen, wo 1906 und 1908 die beiden Töchter Fanny und Bertha zur Welt kamen.

Nach dem Tod Hermann Löwenthals stifteten seine Söhne Maier und Isidor zum Andenken an ihren verstorbenen Vater eine neue Thorarolle für die Neue Synagoge in der Maxstraße, die in einem „schönen, stimmungsvollen Gottesdienst“ am 1. September 1909 der jüdischen Gemeinde in Bad Kissingen feierlich übergeben wurde.

Maier Löwenthal engagierte sich auch in der jüdischen Gemeinde, seit 1904 war er Mitglied im "Israelitischen Wohltätigkeitsverein"  und bekleidete das Amt des Kassiers. Außerdem war er in der Bad Kissinger Sektion des "Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold" aktiv. Dieser Wehrverband verfolgte das Ziel, die Weimarer Demokratie  gegen ihre Gegner von links und rechts zu verteidigen. Auch bei seinen vielen nichtjüdischen Bekannten genoss Maier Löwenthal großes Ansehen.

In der NS-Zeit geriet die bis dahin erfolgreiche Matratzenfabrik zunehmend in Schwierigkeiten und als Löwenthal die erhöhten Tilgungsraten der Kreis- und Stadtsparkasse Bad Kissingen nicht mehr zahlen konnte, betrieb die Sparkasse im Dezember 1937 die Zwangsversteigerung von Löwenthals Anwesen. Vom Verkaufpreis von 25 200 RM - der deutlich unter dem Wert der Immobilie lag, hat Löwenthal nichts erhalten. Er arbeitete noch einige Zeit als Vertreter, um den Lebensunterhalt der Familie zu bestreiten.  Am 11. August 1938 verließ er mit seiner Frau und seiner Tochter Fanny Bad Kissingen, um nach Amerika zu emigrieren. In Amsterdam besuchten sie zuvor noch einige Tage die älteste Tochter Irene verh. Appel, die bereits 1933 in die Niederlande emigriert war. Maier Löwenthal schrieb von dort an einen guten Bekannten in Bad Kissingen: "Wir sind hier bei unserer Tochter, wo es uns herrlich gefällt... Nur tut man sich schwer, daß man die Sprache nicht beherrscht; aber da wir immer in Gesellschaft sind, ist dies auch leichter zu ertragen. In den ersten Tagen waren wir sehr müde und abgespannt, aber jetzt bummeln wir schon fest herum. Wir bleiben noch acht Tage hier, dann fahren wir für einige Tage nach Paris, um dann der Neuen Welt zuzusteuern... Es ist so schön bei unserern lieben Kindern, und wir haben schon so viel Schönes gesehen. Amsterdam ist eine ganz wundervolle Stadt, nur schade, dass die schönen Stunden so rasch entfliehn." (Brief in Privatbesitz, 20.08.1938). Es sollten die letzten gemeinsamen Tage mit ihrer Tochter Irene sein. Irene Appel wurde 1943 von den Niederlanden nach Auschwitz deportiert und ermordet. 

Am 30. August 1938 gingen Maier Löwenthal, seine Frau Clothilde und ihre Tochter Fanny in Le Havre an Bord der „Ile de France“  und fuhren nach New York. Die Tochter Bertha war bereits ein Jahr zuvor in die USA emigriert. Im September 1938 schrieb er von dort:  "Wir sind nun schon acht Tage hier, wo es uns großartig gefällt. Die Reise war herrlich, großartiges Wetter und beste Verpflegung. Sechs Tage waren wir auf dem Wasser. Der Eindruck von New York ist direkt bezaubernd..." (Brief vom 12.09.1938). Es ist nur schwer zu begreifen, wie jemand, der gerade aus seiner Heimat fliehen musste, solch positive Eindrücke schildern kann.

Maier Löwenthal lebte 1940 mit seiner Frau Clothilde, den Töchtern Fanny und Bertha, Schwiegersohn Fritz und Enkel Harry in einer gemeinsamen Wohnung in Manhattan.

Die Familie lebte in bescheidenen Verhältnissen, und Maier Löwenthal arbeitete bis weit über 70 als einfacher Arbeiter: "Ich hatte selbst nicht erwartet, in meinem Alter noch arbeiten zu müssen, aber was bleibt einem anderes übrig, wenn man ohne Heller und Pfennig von Haus und Hof verjagt wird. Ich habe in verschiedenen Fabriken gerbeitet, bis ich vor drei Jahren einen schweren Unfall erlitt... Seitdem bin ich nicht mehr auf der Höhe und mein Alter spielt halt auch eine Rolle. Außerdem haben uns die Hitlerjahre auch sehr zugesetzt" (Briefe vom  09.12.1949 und 12.01.1950). Trotz seiner wirtschaftlich schwierigen Situation hatte er seinen Optimsmus nicht verloren und schien von den Verhältnissen in den USA begeistert zu sein: "Amerika ist ein herrliches, freies Land; wir hätten nur zwanzig Jahre früher auswandern sollen, dann wären uns viele Aufregungen erspart geblieben und ich hätte ein ansehnliches Vermögen retten können" (Brief vom 23.03.1947). 

Maier Löwenthals Briefe zeigen aber auch, dass er nach wie vor großen Anteil daran nahm, was in Bad Kissingen passierte und wie es seinen früheren Bekannten ging. Sein allgemeines Urteil über die Deutschen fiel dabei differenziert aus und widersprach der pauschalen "Kollektivschuldthese": "Es ist eine Traurigkeit, wie dieses schöne und strebsame Deutschland von solch einer Verbrecherbande an den Rand des Abgrunds gebracht wurde; es rächt sich, was sie an uns Juden getan haben, nur bedauerlich, daß auch die Anständigen darunter leiden müssen" (Brief vom 14. 04.1948)... "Dass es so kommen musste, ist bestimmt nicht die Schuld von allen, wenn auch ein großer Teil blind war" (Brief vom 15.06.1948)... "Es mag wohl lange dauern, bis wieder Wohlstand und Ordnung einziehen, aber der anständige und fleißige Mensch wird doch wieder seine Existenz aufbauen" (Brief vom 25.07.1948).

Im Dezember 1948 stellte Maier Löwenthal vor der Wiedergutmachungsbehörde einen Anspruch auf Rückerstattung seines Hauses in der Promendestraße. Er hat den Ausgang des fast dreijährigen Verfahrens nicht mehr selbst erlebt. Seine Witwe Clothilde Löwenthal erhielt im März 1951 nach einem Vergleich mit der zwischenzeitlichen Besitzerin das Anwesen gegen eine Zahlung von 10 000 DM zurückerstattet.

 Maier Löwenthal litt in seinen letzten Lebensjahren zunehmend an Herzproblemen und starb am 9. Januar 1951 in New York im Alter von 77 Jahren.

matratzenfabrikation-maier-löwenthal


Quellenangaben


Korrespondenz Maier/Clothilde Löwenthals mit einem Bad Kissinger Bekannten, Briefe in Privatbesitz
US Holocaust Memorial Museum/Holocaust Survivors…externer Link
Schülerakte Jack-Steinberger-Gymnasium
Hans-Jürgen Beck, Kissingen war unsere Heimat, Stand April 2017, S.693f
Datenbank Familysearch, New York, New York Passenger and Crew Lists, 1909, 1925-1957externer Link
Datenbank Familysearch, New York, Southern District, U.S District Court Naturalization Records, 1824-1946externer Link
Datenbank Familysearch, US Census 1940externer Link
StAWü WB IV A 2803

Bildnachweise




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