Personendaten


Neumann Julius

Nachname
Neumann
Vorname
Julius
Geburtsdatum
01.08.1894
Geburtsort
Bad Kissingen
Weitere Familienmitglieder

Eltern: Karl und Clara geb. Löwenthal
Schwester: Else verh. Wolff

Adresse

Ludwigstraße 9 (heutige Zählung)

Beruf/Ämter
Textilkaufmann
Emigration/Deportation

April 1942 deportiert von Bad Kissingen nach Krasniczyn

Sterbeort/Sterbedatum
Umgebung von Lublin - „Ablebensvermerk“ beim Kissinger Amtsgericht (30.6.1942)

Biografie


Julius Neumann, sein geläufiger Spitzname war „Juller“, wurde am 1. August 1894 in Bad Kissingen als Sohn des angesehenen Modehändlers Karl Neumannexterner Link (1860-1942) und dessen Frau Klara Löwenthal (1869-1915) geboren. Er besuchte ab September 1904 die Kissinger Realschule, die er im Juli 1910 erfolgreich abschloss. Anschließend absolvierte er in München eine zweijährige kaufmännische Ausbildung. Im Ersten Weltkrieg kämpfte Julius Neumann als Soldat an der Westfront. Dabei zeichnete er sich durch große Tapferkeit aus, für die ihm das Eiserne Kreuz 2. Klasse verliehen wurde. Nach der Entlassung aus dem Kriegsdienst kehrte er nach Bad Kissingen zurück und arbeitete im elterlichen Geschäft, das er später übernehmen sollte. Seine Mutter Klara war bereits 1915 gestorben.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933 erlebte Julius unter den Nazis vielfältige Anfeindungen. Sofort nach deren Machtergreifung wurden ihm „kommunistische Umtriebe“ unterstellt. Trotz seiner Teilnahme am Ersten Weltkrieg und seiner offen bekundeten Sympathie für die liberale „Deutsche Demokratische Partei“ (DDP) sah er sich immer dem Vorwurf der Linksradikalität ausgesetzt. Es ist erstaunlich, mit welchem Mut sich Julius Neumann gegen diese Verleumdungen zur Wehr setzte. Noch im März 1933 gab er in der Saale-Zeitung ein Inserat auf, in dem er sich gegen die infamen Gerüchte verwahrte und ein gerichtliches Vorgehen ankündigte, gegen jeden, der solche Lügen gegen ihn verbreitete, obwohl er wusste, dass Kreisleiter Renner hinter dieser Verleumdungskampagne steckte. Die Reaktion der Kissinger Nationalsozialisten ließ nicht lange auf sich warten. Vier Tage später, am 17. März 1933, wurde Julius Neumann in „Schutzhaft“ genommen und erst Ende Mai, nachdem sich alle Vorwürfe als haltlos erwiesen hatten, wieder freigelassen. Auch in den folgenden Jahren waren Julius Neuman und sein Vater Karl immer wieder Einschüchterungen und Repressalien ausgesetzt, beispielsweise kam es im Oktober 1937 - 50 Jahre nach seiner Gründung - zu einem nächtlichen Anschlag auf das Modehaus Neumann, bei dem die Schaufensterscheibe des Geschäftes von Kissinger Nazis eingeschlagen wurde.

Seit Anfang 1938 bemühte sich deshalb Julius Neumann zusammen mit seinem Vater Karl um eine Auswanderung nach Neuseeland, wo seine Schwester Else Wolff mit ihrem Mann mittlerweile lebte. Doch wie für viele andere Kissinger Juden stellten sich auch den Neumanns unüberwindliche Hürden in den Weg, die es ihnen unmöglich machten, ihren Entschluss zur Emigration auch in die Praxis umzusetzen.

In der Pogromnacht 1938 kam es zur Verhaftung der beiden Kaufleute, Julius Neumann wurde sogar für einige Wochen in Dachau interniert. Unter dem massiven Druck Kissinger Nationalsozialisten mussten die Neumanns dem Verkauf ihres Anwesens und ihres Geschäftes zustimmen. Am 1. Februar 1939 eröffnete im Zuge der „Arisierung" ein SA-Mann ein Delikatessengeschäft im Hause Neumann, das nun als sein Besitz ausgewiesen wurde. Nach den Ereignissen der Pogromnacht bemühte sich Julius Neumann verstärkt um eine Auswanderung. Doch als die erhoffte Einreiseerlaubnis der neuseeländischen Regierung endlich eintraf, war es bereits zu spät die Ausreise zu organisieren. Der Beginn des Zweiten Weltkrieges verhinderte die Emigration. Am 1. Februar 1940 mussten die Neumanns ihr Haus Ludwigstraße 9 verlassen und in die Maxstrasse 23a ins Haus der Familie von Hermann Holländer umziehen, der schon im Jahr 1938 an den Misshandlungen in der Gestapo-Haft umgekommen war. Das Haus war von den Kissinger Behörden zum „Judenhaus" erklärt worden. Die vor wenigen Jahren noch hoch angesehenen Modehändler wurden nun zu einfachen Arbeiten wie Straßenkehren oder Kanalreinigung gezwungen. Julius Neumann wurde in den damaligen Meldeakten entsprechend auch als Hilfsarbeiter bezeichnet.

Am 24. April 1942 wurde Julius Neumann mit anderen jüdischen Bürgern Bad Kissingens nach Würzburg und einen Tag später im dritten Deportationszug der Würzburger Gestapo ins Ghetto Krasniczyn bei Lublin deportiert. Als einzigen Hinweis auf seinen Tod gibt es einen Vermerk in den Bad Kissinger Einwohnermeldeakten: 1952 erklärte das Bad Kissinger Amtsgericht Julius Neumann für tot und gab als fiktives Todesdatum den 30. Juni 1942 an.

393_Herrenmodegeschäft Karl Neumann
Herrenmodehaus Carl Neumann - das von seinem Sohn Julius weitergeführt wurde
         


Quellenangaben


entspricht weitgehend: Thomas Künzl, Bad Kissinger Stolpersteinlisteexterner Link  - ergänzt durch Auszüge aus H.-J. Beck, Kissingen war unsere Heimat, Stand April 2017, S. 622ff)    
Gedenkbuch Bundesarchiv Koblenz externer Link
Yad Vashem Zentrale Datenbank…externer Link
Schülerakte Jack-Steinberger-Gymnasiums
Meldeunterlagen der Stadt Bad Kissingen                                                                                                                                                                                                     

Bildnachweise


© Sammlung Mence



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