Personendaten
Gebhardt Thea
Eltern: Lazarus und Clara geb. Ansbacher
Geschwister: Julius, Nathan (Hans), Paula (Jordan), Irma (Dehler)
Ehemann: Fritz Gebhardt
Kinder: Hannelore und Ursula (in anderen Quellen auch Marie Ursel)
Erhardstraße 21 (heutige Zählung)
1938 emigriert in die Schweiz
Biografie
Thea Gebhardt geb. Frank erblickte am 17. März 1891 als Tochter von Lazarus und Clara Frank geb. Ansbacher in Steinach das Licht der Welt.
Seit 1905 lebte sie mit ihren Eltern und drei Geschwistern in Bad Kissingen in der Erhardstraße 21. Sie besuchte hier das Institut der Englischen Fräulein und studierte später an den Universitäten in Würzburg und München Literatur und Kunstgeschichte. Vor allem der große Münchner Kunsthistoriker Heinrich Wölfflin hinterließ bei ihr menschlich und fachlich einen großen Eindruck. Während des Ersten Weltkriegs (1916) machte Thea auch Bekanntschaft mit dem jungen, gut aussehenden, charmanten Leutnant Fritz Gebhardt. Rasch verliebten die beiden sich ineinander und beschlossen zu heiraten. Da Gebhardt aber kein Jude war, rief die geplante Hochzeit der beiden große Unruhe bei den Franks und in der gesamten jüdischen Gemeinde hervor. Vor allem ihr Vater Lazarus Frank, der sich als loyaler Jude fühlte und eine eher konservative Einstellung besaß, tat sich sehr schwer, Thea und Fritz seine Zustimmung zur Hochzeit zu geben. „Der Papa“, so Thea Frank, „war sehr dagegen, die Mama nicht so arg. Auch der Rabbiner kam und redete ab. Aber der Fritz setzte sich durch.“ Im Dezember 1916 heirateten schließlich Thea Frank und Fritz Gebhardt.
Nach ihrer Hochzeit mit Fritz Gebhardt begleitete sie ihren Mann zunächst nach Berlin, dann nach Köln und München, wo dieser bei der Motorenfabrik Deutz bzw. den Bayerischen Motorenwerken arbeitete. 1919 zogen die Gebhardts nach Frankfurt/Main, wo Fritz Gebhardt sein Studium trotz vollberuflicher Tätigkeit und zwei Kindern mit seinem Doktorat abschließen wollte. Doch er erkrankte schwer, so dass seine Frau für ihn häufig die Vorlesungen hörte und mitschrieb. Dank ihrer Hilfe gelang es Fritz Gebhardt als erstem Deutschen, ohne Abitur lediglich mit Hauptschulabschluss seinen Doktor zu machen. Nach fertigem Doktorat wurde er Exportchef bei der Motorenfabrik Deutz in Köln. Ihre beiden Kinder Hannelore und Marie Ursel kamen 1918 in Köln bzw. 1919 in München zur Welt. Zwischen 1924 und 1929 lebten die Gebhardts in Konstantinopel, Kairo und Athen, wo Fritz Gebhardt im Auftrag seiner Firma die Auslandsorganisation neu aufbauen sollte. 1929 kehrten die Gebhardts wieder nach Deutschland zurück, um ihre beiden Kinder Hannelore und Ursula in eine deutsche Schule schicken zu können. Fritz Gebhardt wurde zunächst Direktor der Mannheimer Motoren-Werke in Mannheim, zwei Jahre später dann Direktor der Lokomotivenfabrik Henschel in Kassel.
1933 wurde er zu Beginn der NS-Diktatur entlassen, weil er als Hitlergegner eingestuft wurde und mit einer Jüdin verheiratet war. Er wurde verhaftet, sein Pass wurde eingezogen, seine Familie überwacht. Als Fritz Gebhardt im Sommer 1934 seinen Pass wiederbekam, reiste er in die USA, um dort für seine Familie die ins Auge gefasste Auswanderung vorzubereiten und in den Staaten eine neue Existenz aufzubauen. Doch verunglückte er im November 1935 tödlich, acht Wochen bevor seine Familie hätte nachkommen sollen. Seine Frau Thea lebte zunächst noch mit ihren beiden Töchtern, nach Nazikategorien "Mischlingen ersten Grades", auf dem Gut Rittnerhof bei Karlsruhe, das Fritz Gebhardt nach seiner Entlassung bei Henschel erworben hatte. Hannelore und Ursula Gebhardt wurden christlich erzogen. Während Thea Gebhardt sich als gebildete Agnostikerin verstand, war ihr Mann Fritz ein tief gläubiger evangelischer Christ gewesen, der sich aus religiösen und theologischen Gründen gegen eine Konversion seiner Frau zum Christentum ausgesprochen hatte.
Thea gelang es 1938 buchstäblich in letzter Minute, mit einem Visum für Frankreich in die Schweiz einzureisen, die sich nicht aufnahmewillig gezeigt hatte. Während ihres Exils in der Schweiz hörte sie Vorlesungen bei dem Philosophen Karl Jaspers und besuchte Veranstaltungen über Astronomie. Nach dem Krieg zog sie mit ihrer Tochter Ursula nach München in die Wohnung ihrer Schwester Paula Jordan. Paula war mit ihrem Mann Siegfried 1941 nach Kowno (Kauen) deportiert und ermordet worden. Ihre Wohnung war wohl im Rahmen der „Wiedergutmachung“ Thea Gebhardt zugesprochen worden. Lange überlegte Thea Gebhardt, ob sie besuchsweise nach Bad Kissingen zurückkehren sollte. Sie starb 1985 hochbetagt mit 94 Jahren.
(Die Ausführungen basieren weitgehend auf H-.J. Beck, Kissingen war unsere Heimat, S. 878 - 909)
Quellenangaben
Gebhardt, Thea: Meine Kindheit, unveröffentlichtes Manuskript, S.33
Hans-Jürgen Beck, Kissingen war unsere Heimat, Stand 2017, S.878 - 909
Bildnachweise
© Michael Hansch
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