Personendaten
Mann Justin
Weingasse 5
Juli 1938 emigriert in die USA
Biografie
Justin Mann kam am 23. April 1901 als ältestes Kind des Metzgers Lazarus Mann und dessen Ehefrau Cilly geb. Löwenberger in Bad Kissingen zur Welt. Er hatte noch fünf weitere Geschwister. Die Familie lebte in der Weingasse, wo Justins Vater eine Metzgerei führte.
Justin Mann, der von 1911 bis 1917 die Bad Kissinger Realschule besuchte, sah sich in seinem letzten Schuljahr einer anonymen Denunziation ausgesetzt. Der anonyme Briefschreiber beschwerte sich in einem Schreiben an die Schule über das seiner Meinung nach skandalöse Verhalten des Jugendlichen und einiger Mitschüler, die zu diesem Zeitpunkt 15/16 Jahre alt waren: „Es wird hiermit auf das Tun und Treiben einiger Schüler des sechsten Kurses aufmerksam gemacht. Es ist wirklich ein Skandal, wie sich diese jungen Leute betragen. Nicht allein, dass dieselben abends nach 9:00 Uhr das Theater besuchen, sondern nach Schluss desselbigen, also mindestens um 10:30 Uhr bis 11 Uhr in Begleitung von Künstlerinnen die hiesigen Cafés besuchen und dann gewöhnlich ziemlich hohe Zechen machen. Auch fallen in letzter Zeit die großen Blumenspenden wie dies am Samstag den 16. geschehen ist. Es kann auch mit Bestimmtheit behauptet werden, dass diese Spenden eine enormen Wert haben. / Wenn sie sich überzeugen wollen, so können Sie selbst oder der Herr Pedell es am besten nach Schluss eine Vorstellung sehen, wenn sie genau die betreffenden Schüler beobachten werden. / Sollte jedoch dieses keine Folgen haben, so müsste die hiesige Polizei aufmerksam gemacht werden. / Einige bekannte Herren und Damen“ (Schülerakte des Jack-Steinberger-Gymnasiums).
Justin Mann erlernte nach seiner Realschulzeit den Kaufmannsberuf und wechselte in den folgenden Jahren häufig den Wohnort. Zwischen 1920 und 1933 hielt er sich u.a. in Frankfurt, Ludwigshafen, Berlin, Warschau und London, zeitweise aber auch kurz in Bad Kissingen auf.
Dokumente der jüdischen Gemeinde Bad Kissingen aus dem Jahr 1934 [die Dokumente findet man auf den Seiten 189 - 203, 211- 213 sowie 260 - 262] zeigen, dass Justin und sein Bruder Theodor zu diesem Zeitpunkt erwerbslos waren. Die Metzgerei ihres Vaters, der 1932 gestorben war, war nach der NS-Machtübernahme in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten und 1934 zwangsversteigert worden. Die Familie lebte in bitterer Not und war auf Unterstützung angewiesen. Justin wandte sich deshalb - vermittelt durch Rabbiner Max Ephraim - an das Wohlfahrts- und Jugendamt des Verbandes jüdischer Gemeinden in München. Dies finanzierte ihm eine Reise nach Berlin, um dort Arbeit zu finden. Auch die Israelitische Kultusgemeinde in Würzburg schrieb er an, um eine Beschäftigung für seinen Bruder Theobald zu finden, der das Metzgerhandwerk erlernt hatte. Die Bemühungen blieben jedoch erfolglos. Schon zu diesem Zeitpunkt trug sich Justin Mann daher mit dem Gedanken auszuwandern. Zwischen November 1935 und Mai 1936 wohnte er noch einmal in seiner Heimatstadt, bevor er nach Hamburg ging.
Zunächst emigrierten dann seine Geschwister Irene und Kurt in die USA. Im Juli 1938 ging Justin dann zusammen mit seiner Mutter Cilly in Le Havre an Bord der "Georgic" und emigrierte nach New York, wo sein Bruder Theobald auf sie wartete, der seit Ende 1934 in New York lebte. Laut US-Census 1940 lebte Justin mit seiner Mutter und den Geschwistern Theobald und Kurt in einer gemeinsamen Wohnung in Manhattan. Im Oktober 1940 erhielt er die amerikanische Staatsbürgerschaft. Die Geschwister Max und Luzie fielen dagegen der Shoa zum Opfer.
Über Justin Manns weiteres Leben ist bisher nichts bekannt.
Quellenangaben
Schülerakte Jack-Steinberger-Gymnasium
Meldeunterlagen der Stadt Bad Kissingen
Datenbank „WhoPerson“
Datenbank 1940 US Census
Datenbank Familysearch, New York, New York Passenger and Crew Lists, 1909, 1925-1957
Datenbank Familysearch, New York, Southern District, U.S District Court Naturalization Records, 1824-1946
Datenbank Myheritage, Justin Mann
Findmitteldatenbank Bayerisches Staatsarchiv, Jüdische Gemeindearchive in Bayern/Gemeinden in Unterfranken/Gemeinde Bad Kissingen/Korrespondenz und allgemeine Verwaltungsakten (Register F-Z). Signatur CAHJP, Gemeinde Bad Kissingen D-Ba1-27.2 Erscheinungsort Gemeinde Bad Kissingen Erscheinungsjahr 1932-1934, Seiten 189 - 203, 211-213, 260 - 262
Bildnachweise
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