Personendaten
Oppenheim Ernestine
September 1938 emigriert nach England
Biografie
Ernestine Oppenheim geb. Stahl wurde am 8. April 1870 als Tochter Leopold Stahls in Bad Kissingen geboren und wuchs zusammen mit ihren drei älteren Brüdern auf.
Schon als Zwanzigjährige wanderte sie zusammen mit ihrem Bruder Philipp in die damals britische Kolonie Südafrika aus und heiratete im Dezember 1890 in Kapstadt den aus Eschwege stammenden Kaufmann Siegmund Oppenheim. (Zwischen der Eschweger Oppenheim-Familie und Bad Kissingen gab es übrigens noch weitere Verbindungen. Siegmunds ältere Halbschwester Clara heiratete einen Kissinger Bürger, den Kaufmann Felix Ehrlich. Und deren Mutter Klara war die Schwester des prominenten Juweliers Simon Rosenau und stammte aus der fränkischen Kurstadt). 1893 und 1895 kamen in der Stadt Senekal im damals bereits britisch verwalteten Oranje-Freistaat Ernestines beide Töchter Auguste und Cornelia zur Welt. Ernestines Mann besaß dort die Fa. "S. Oppenheim & Co" und mehrere Farmen im Umland und brachte es innerhalb weniger Jahre im Getreidehandel zu großem Reichtum. Auch Ernestines Bruder Philipp und Siegmunds Geschwister Hermann und Adolph lebten in Senekal und waren vermutlich in dieser Firma tätig. Siegmund Oppenheim war auch Mitglied im Stadtrat Senekals.
Während Siegmunds Brüder Hermann und Adolph und auch sein Schwager Philipp bis zu ihrem Lebensende in Südafrika blieben und auch die Fa. S. Oppenheim weiterhin existierte, kehrte Siegmund Oppenheim mit seiner Familie 1909 nach Europa zurück und lebte in München. Er war offensichtlich so wohlhabend, dass er bereits im Alter von 48 Jahren von seinem Vermögen als „Rentier“ leben konnte. (vgl. Adressbuch München 1910, S.418). 1915 trat Ernestines Ehemann Siegmund dem Sportverein TSV 1860 München bei. Er war ein angesehenes Mitglied und vermutlich ein Gönner des Vereins, wie die Glückwunschadresse aus dem Jahr 1931 zu seinem 70. Geburtstag im Nachrichtenblatt zeigt. Wie lange er angesichts des aufkommenden Nationalsozialismus Vereinsmitglied war, ist nicht bekannt (Vgl. Anton Löffelmeier, Die „Löwen“ unterm Hakenkreuz, S. 76).
Im September 1935 meldete sich das Ehepaar Oppenheim nach Meran ab. Ernestine war wie ihr Mann Mitglied der dortigen jüdischen Gemeinde und wird in einer 1938 angelegten „Kartei zur jüdischen Gemeinde“ als „wohlhabend“ bezeichnet (Informationen Markus Gamper, Gemeinde Meran, Mail vom 10.10.2018). Auch ihre älteste Tochter Auguste, die zunächst noch in München in der Wohnung ihrer jüngeren Schwester Cornelia lebte, zog 1938 zu ihren Eltern nach Meran, vermutlich in der Absicht, mit ihnen zu emigrieren (vgl. Ilse Macek, Ausgegrenzt, entrechtet, deportiert, Schwabing und Schwabinger Schicksale, S. 332). Als die Lage für jüdische Bürger auch in Südtirol immer prekärer wurde, entschloss sich die Familie im September 1938 Meran zu verlassen. Dabei war es von Vorteil, dass die Familie seit ihrem Aufenthalt in Südafrika noch immer die britische Staatsbürgerschaft besaß. Möglicherweise verließen sie Südtirol zunächst nach Nizza (Knollmann/König, Namen und Schicksale der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus aus Eschwege, S.169) und emigrierten von dort nach London (nach Angaben des Meraner Stadtarchivs am 30. September 1938).
Auch Ernestines jüngerer Tochter Cornelia gelang die Flucht. Sie emigrierte gemeinsam mit ihrem Ehemann Siegmund Meyer im April 1939 von München nach London.
Ernestine Oppenheim starb Anfang 1947 im Londoner Stadtteil Brentford im Alter von 76 Jahren. Ihr Mann verstarb im Juli 1952 in Ealing/London.
Quellenangaben
Historisches Lexikon Bayerns
Karl Knollmann/York-Egbert König, Namen und Schicksale der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus aus Eschwege, S.169
Anton Löffelmeier, Die „Löwen“ unterm Hakenkreuz, Der TSV München von 1860 im Nationalsozialismus, Göttingen 2009, S. 76
Ilse Macek, Ausgegrenzt, entrechtet, deportiert, Schwabing und Schwabinger Schicksale, S. 332 Stadtarchiv Meran, Mail vom 10.10.2018
Datenbank Ancestry, Sterbeindex England & Wales, 1916-2007
Datenbank Ancestry, Familienstammbaum von Richard Kowalski
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