Personendaten


Pick Vera Ruth

Nachname
Pick
Geburtsname
Pick
Vorname
Vera Ruth
Geburtsdatum
22.10.1906
Geburtsort
Charlottenburg
Weitere Familienmitglieder

Eltern: Dr. Arthur Pick und Bertha geb. Hammerstein
Geschwister: Werner Rolf Theodor
Ehemann: Otto Helbig (1. Ehe), Fred Dee (Durschnitz) (2. Ehe), Thomas Gregg-Anderson (3. Ehe)

Adresse

Kurhausstraße 6 (frühere Zählung - heute 11)

Beruf/Ämter
Sekretärin
Emigration/Deportation

Sommer 1934 emigriert nach England

Sterbeort/Sterbedatum
Shipdham/Norfolk - 1989

Biografie


Vera Pick kam am 22. Oktober 1906 in Charlottenburg als Tochter des Arztes und Sanatoriumsbesitzers Dr. Arthur Pick und seiner Frau Bertha geb. Hammerstein zur Welt. Die ersten Lebensjahre wuchs sie im böhmischen Karlsbad auf, wo ihr Vater als Kurarzt praktizierte. Ihre Eltern stammten aus jüdischen Familien, waren aber beide getauft und gehörten der evangelischen Religionsgemeinschaft an. Auch ihre beiden Kinder ließen sie taufen, so dass die Familie keine Verbindung mehr zur jüdischen Religion und Tradition hatte.

Ende 1908 zog die Familie nach Bad Kissingen, und ihre Eltern etablierten dort in der Kurhausstraße 6 (frühere Zählung - heute 11)  ein international anerkanntes Sanatorium für Herz-Kreislauf-und Magen-Darm-Erkrankungen, Nervenleiden sowie Stoffwechsel- und Essstörungen. Dr. Pick war als Chefarzt für die medizinische Leitung des Sanatoriums verantwortlich und Veras Mutter für die Leitung des Hauses und der Küche.

1913 wurde ihr jüngerer Bruder Werner Rolf Theodor in der Kurstadt geboren. Trotz des Krieges und der nachfolgenden Inflationszeit hatten sie und Werner eine glückliche Kindheit. Obwohl ihre Eltern sehr streng waren, vor allem ihr Vater, wurden sie von den Gästen und Mitarbeitern des Sanatoriums verwöhnt und genossen die Annehmlichkeiten und den ausgezeichneten Service des Hauses. Während der Kursaison sahen sie ihre viel beschäftigten Eltern eigentlich nur zu den Essenszeiten, doch in den Wintermonaten, als das Sanatorium geschlossen war, mieteten ihre Eltern oft eine Wohnung in den Bergen (Garmisch-Partenkirchen, Oberstdorf, Berchtesgaden), wo sie in einfacher, aber gemütlicher Umgebung ein normales Familienleben führen konnten. Man konnte rodeln, eingeschränkt Skifahren - ohne Lifte und spazieren gehen.

Da ihre Eltern in Bad Kissingen keine geeignete Schule für Vera fanden, schickten sie ihre Tochter an die die 1910 gegründete Odenwaldschule in Heppenheimexterner Link, die als Vorzeigeschule der Reformpädagogik galt, aber es fiel Vera schwer - wie ihr Bruder in seinen Erinnerungen schreibt - „selbst die begrenzte Disziplin an dieser Schule zu akzeptieren, also verließ sie diese, sobald dies für die Eltern und die Schulbehörde akzeptabel war. Sie war hochintelligent, aber es fehlte ihr an Fleiß. Infolgedessen hatte sie viele verschiedene Karrieren in ihrem Leben - keine davon war allerdings wirklich erfolgreich" (Werner Pick, My Memoirs, Claygate, August 2002).

1925, gerade einmal 19 Jahre alt, zog sie nach Stettin und heiratete Otto Helbig, einen sehr viel älteren Bankdirektor. Kurze Zeit später wurde er nach Beuthen versetzt, und Vera muss diesen Umzug ins oberschlesische Kohlenrevier als schrecklich empfunden haben. Die Ehe ging nach ungefähr einem Jahr in die Brüche, und 1930 nahm sie wieder ihren ursprünglichen Familiennamen Pick an.

Sie lebte zeitweilig auch wieder bei ihren Eltern in Bad Kissingen, wohnte aber zu Beginn der 1930er-Jahre auch in Elberfeld und Köln und arbeitete laut Meldekarte Bad Kissingen als "Kontoristin" (Büroangestellte). Später versuchte sie dann als Künstlerin Fuß zu fassen und trat in Varietés in Nebenrollen auf.

Ihr Bruder half ihr, im Sommer 1934 nach England zu kommen, wo sie zunächst einige Zeit in seiner Wohnung in West Hampstead (London) blieb. Werner Pick beschrieb sie als „ziemlich attraktiv, hochintelligent und gut in allem, was sie versuchte, aber sie blieb nie lange bei einer Sache und wechselte häufig den Beruf" (ebd).

1940, als Deutschland den Krieg im Westen begann, wurde sie - wie ihr Vater und Bruder für mehrere Monate als "enemy alien" (feindliche Ausländerin) inhaftiert.

Auch in ihrem weiteren Leben war ihr weder beruflich noch privat dauerhaftes Glück beschieden. Nach ihrer Entlassung arbeitete sie zunächst als Sekretärin und lernte den aus der Tschechoslowakei stammenden Fred Dee Durschnitz kennen, der sich später Fred Dee nannte. Sie heirateten 1944 und versuchten nach dem Krieg ein Import-/Exportgeschäft aufzubauen, allerdings blieb der geschäftliche Erfolg aus. Auch Veras zweite Ehe wurde 1959 geschieden.

Und auch ihre dritte Ehe (1973) mit Thomas Gregg-Anderson, einem schottischen Ingenieur, brachte ihr nicht das erhoffte Glück. Sie eröffnete mit ihm in der Grafschaft Norfolk eine Schokoladenfabrik, die aber scheiterte, und später ein Delikatessengeschäft.  In den letzten Jahren ihrer Ehe lebten beide getrennt, und Vera Pick starb 1989 in einem privaten Pflegeheim in Shipdham/Norfolk.


Quellenangaben


Meldeakten Stadt Bad Kissingen (Meldekarten, Familienbogen,Hausakte) 
Werner Pick, Memoirs, Claygate, August 2002 (Die Quelle wurde uns freundlicherweise von Familie Pick zur Verfügung gestellt)
Werner Pick, Aufsatz zum Verhältnis der Familie zum Judentum (Die Quelle wurde uns freundlicherweise von Familie Pick zur Verfügung gestellt)
Werner Rolf Theodor Pick in memoriam in: Die Pforte, Schulpforta Nachrichten Zeitschrift des Pförtner Bundes e.V., Nr. 70, S. 67 -71externer Link

Bildnachweise


© Robert Pick



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