Personendaten
Liebschütz Lucie
Eltern: Michael Loeb und Berta geb. Reichenbach
Geschwister: Melita verh. Schlesinger, Erna Klara verh. Schwieder
Ehemann: Leo Liebschütz
Salinenstraße 34
vor Kriegsbeginn Flucht nach England
nach dem Krieg Auswanderung nach Israel
Biografie
Lucie Liebschütz geb. Loeb war mehrere Jahre lang als Kindergärtnerin in der Israelitischen Kinderheilstätte in der Salinenstraße tätig und wohnte in dieser Zeit während der Sommermonate in Bad Kissingen.
Sie kam im Februar 1896 als älteste Tochter von Michael Loeb und dessen Ehefrau Berta geb. Reichenbach in Worms zur Welt. Michael Loeb führte dort in der Spiegelgasse eine Weinhandlung. Die beiden jüngeren Töchter Melita und Erna Klara wurden 1897 und 1899 geboren.
Lucie Loeb machte eine Ausbildung zur Säuglingsschwester und Kindergärtnerin und kam erstmals im Mai 1919 nach Bad Kissingen. Während der Kursaison (meist zwischen Mai und Oktober) arbeitete sie in den Jahren 1919, 1920, 1924 und 1925 in der Israelitischen Kinderheilstätte als Kindergärtnerin, und ab 1922 war auch ihre jüngere Schwester Erna hier für mehrere Jahre als Kinderschwester angestellt.
1922 traf die Familie ein harter Schicksalsschlag: Vater Michael Loeb war seit November 1922 spurlos verschwunden. Der Vermisste wurde später für tot erklärt, seine Weinhandlung geriet daraufhin in wirtschaftliche Schwierigkeiten und wurde 1927 aufgelöst.
Lucie verließ nach Ende ihrer vierten Kursaison im Oktober 1925 die Badestadt und führte in Worms in der Kämmererstraße 42 einen privaten Kindergarten. Sie war beruflich sehr ambitioniert und absolvierte eine Ausbildung zur Operationsschwester. Daraufhin ging sie in den 1930er Jahren nach Breslau und arbeitete in einer Kinderklinik. Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs gelang ihr die Flucht nach England, und als viele deutsche, auch deutsch-jüdische Emigranten nach Kriegsausbruch als "feindliche Ausländer" inhaftiert wurden, erreichte sie aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation eine Freistellung und konnte ab November 1939 als Krankenschwester in einer Säuglingsklinik in Manchester arbeiten.
Nach dem Krieg wanderte sie dann nach Israel aus, wohin auch ihre Schwester Melita mit ihrer Familie und ihre Mutter Bertha emigriert waren. Sie heiratete dort Leo Liebschütz, der vor seiner Emigration letzter verantwortlicher Redakteur der "Mainzer Volkstimme"/"Mainzer Volkszeitung " gewesen war, die sich vehement gegen den aufkommenden Nationalsozialismus positioniert hatte und deshalb schon wenige Wochen nach der "Machtergreifung" verboten wurde. Lucie starb 1974 in Israel mit 78 Jahren.
Lucies Schwester Melita war promovierte Hautärztin und hatte eine Praxis in Worms, ihr Mann Dr. Justus Schlesinger war Facharzt für Kinderheilkunde. Sie emigrierten mit ihrem Sohn Michael bereits im Oktober 1933 nach Palästina, und auch Bertha Loeb entschloss sich, zu ihrer Tochter nach Israel auszuwandern.
Lucies jüngste Schwester Erna war ebenfalls Säuglingsschwester und war auch mehrere Jahre in der Israelitischen Kinderheilstätte in Bad Kissingen tätig. Sie überlebte die NS-Zeit in Schlesien, weil sie mit einem nichtjüdischen Mann verheiratet war, und lebte nach dem Krieg in der DDR.
Quellenangaben
Personalliste Israelitische Kinderheilstätte, Jahrgang 1919, 1920, 1924, 1925, Stadtarchiv Bad Kissingen
Datenbank Myheritage Lucie Loeb (geb. Liebschitz) In Jüdische Holocaust-Gedenkstätten und jüdische Einwohner Deutschlands 1939-1945
Datenbank Ancestry, Lucie Loeb in der Sammlung Worms, Deutschland, Geburtsregister, 1876-1902
Datenbank Ancestry, Lucie Sara Loeb in der Sammlung Großbritannien, ausländische Internierte im 2. Weltkrieg, 1939-1945
Das Wiesbadener Tagblatt, Ein Stück Wiesbadner Stadtgeschichte, Leo Liebschütz, S.211, 219, 336, 357
Dr. Karl und Annelore Schlösser, Kurzbiografie über die Familie Loeb, Dokumentation über die Wormser Juden Anfang der 1980er Jahre
Dr. Karl und Annelore Schlösser, Kurzbiografie Familie Schlesinger, Dokumentation über die Wormser Juden, Anfang der 1980er Jahre
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