Personendaten


Giessler Irmgard (Irma)

Nachname
Giessler
Geburtsname
Freitag
Vorname
Irmgard (Irma)
Geburtsdatum
27.06.1896
Geburtsort
Bad Kissingen
Weitere Familienmitglieder

Eltern: Karl (Carl) Freitag und Mathilde geb. Wertheim
Ehemann: Dr. Rupert Giessler
Kinder: Ursula Giessler

Adresse

Maxstraße 23

Beruf/Ämter
Emigration/Deportation
Sterbeort/Sterbedatum
Freiburg - 22.04.1958

Biografie


Irmgard (Irma) Giessler geb. Freitag stammte aus einer alteingesessenen Kissinger Familie, deren Vorfahren schon im 18. Jahrhundert als sog. „Schutzjuden“ hier lebten. Ihr Urgroßvater, der 1767 geborene Koppel Freytag, hatte 1799 einen Schutzbrief erhalten, der ihm und seiner Familie Wohnrecht gewährte und das Recht, seinen Beruf als Handelskaufmann zu betreiben. Dessen Sohn Philipp Freitag betrieb einen Holzhandel und eine Schreinerei in der Spargasse. Sein 1860 geborener Sohn Karl - Irmgards Vater - führte den Holzgroßhandel weiter. Er heiratete 1887 in Kassel Mathilde Wertheim. Das Ehepaar wohnte in Bad Kissingen in der Maxstraße 23, wo  im Juni 1896 Irmgard zur Welt kam. Nur zwei Jahre später starben ihre Eltern, Irmgard kam zu einem Onkel namens Hertz nach Freiburg und wuchs dort auf.

Über ihre Kindheit und Jugend ist wenig bekannt. Sie lebte in der Mozartstraße in Freiburg und hätte - wie sich ihre Tochter Ursula aus Gesprächen mit ihrer Mutter erinnert - gerne Medizin studiert, was aber nicht möglich war, und absolvierte eine Banklehre. Sie sei sehr interessiert gewesen an Theater und habe auch kurze Zeit Schauspielunterricht genommen und eine Theatergruppe geleitet.

1928 heiratete sie den katholischen Publizisten Dr. Rupert Giessler,externer Link der bis 1939 Redakteur der damaligen "Freiburger Tagespost", einer katholischen Zeitung, war. Kurz vor der Eheschließung war Irmgard zum katholischen Glauben konvertiert, für die Nazis blieb Irmgard Giessler aber eine Jüdin. Im Jahr 1936 kam ihre Tochter Ursula zur Welt. 

Durch ihre Heirat mit einem nichtjüdischen Partner hatte sie den Status einer sog. "privilegierten Mischehe". Dennoch war die Familie den Repressionen der Nationalsozialisten ausgesetzt. 1939 erhielt Irmgards Ehemann Rupert Berufsverbot, weil er eine jüdische Frau hatte. Ihretwegen war er auch "wehrunwürdig". Vom 1. Februar 1940 erhielt die "Tagespost" keine Papierzuteilung mehr und musste ihr Erscheinen einstellen. In den folgenden vier Jahren fand Rupert Giessler Beschäftigung und Unterschlupf beim Alsatia-Verlag in Colmar.

 In der zweiten Hälfte des Jahres 1944 spitzte sich die Lage zu. Die Fronten rückten näher, die Möglichkeit von Luftangriffen auf Freiburg war nicht mehr auszuschließen und Andeutungen des NS-Blockwarts war zu entnehmen, dass nun auch Angehörige der "privilegierten Mischehe" nicht länger vor Deportation und Vernichtung geschützt waren. Freunde der Familie Giessler hatten mit den Herz-Jesu-Priestern im Kloster Stegen (ca 10 km östlich von Freiburg im Dreisamtal)  Verbindung aufgenommen.  Pater Middendorf hatte zugesagt, er werde sie und weitere jüdische Bürger aufnehmen. Im Sommer 1944 tauchten Irmgard Giessler und ihre Tochter Ursula im Kloster Steben unter und überlebten dort versteckt  bis zum Kriegsende. Eine anschauliche, detaillierte Beschreibung dieser dramatischen Zeit findet man auf der Website des "Heimatgeschichtliche[n] Arbeitskreis[es] Stegen"  externer Link.

Irmgards Ehemann überlebte ebenfalls, er war nach dem Krieg Mitbegründer und Leiter der "Freiburger Nachrichten", die sich später in "Badische Zeitung" umbenannten. Er genoss großes Ansehen als Publizist und war zwischen 1953-1965 Vorsitzender des Deutschen Journalistenverbandes und von 1956-1961 Sprecher des Deutschen Presserates (weitere Details zu seiner Personexterner Link). Irmgards Tochter Ursula schlug wie ihr Vater die journalistische Laufbahn ein und war Redakteurin in Saarbrücken. Als Zeitzeuginexterner Link erzählt sie in Schulen und bei Gedenkveranstaltungen über ihre Erfahrungen in der NS-Zeit.

Irmgard Giessler starb 1958 im Alter von 62 Jahren, ihr Mann überlebte sie noch um mehr als zwanzig Jahre, er starb im Oktober 1980, beide sind auf dem Freiburger Hauptfriedhof begraben.
 


Quellenangaben


Bildnachweise


Irmgard und Ursula als Kind © Heinrich Middendorf Oberschule HMO 1943 - 1945externer Link
Rupert Giessler 1959 © Wikipedia-Artikel Rupert Giesslerexterner Link
Herz-Jesu-Kloster Stegen © Heinrich Middendorf Oberschule HMO 1943 - 1945externer Link
Ursula Giessler als Zeitzeugin © Michael Bamberger, Badische Zeitung, 27. Januar 2023externer Link
Grabstein Irmgard und Rupert Giessler © Datenbank billion gravesexterner Link 



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