Personendaten


Strauss Anneliese (Anne)

Nachname
Strauss
Geburtsname
Silbermann
Vorname
Anneliese (Anne)
Geburtsdatum
20.03.1923
Geburtsort
Oberelsbach
Weitere Familienmitglieder

Eltern: Max Silbermann und Hilde geb. Hirschmann
Geschwister: Paula, Heinz Hugo
Ehemann: Heinz (Henry) Strauss

Adresse

Von-der Tann-Straße 8

Beruf/Ämter
Emigration/Deportation

Oktober 1939 emigriert in die USA

Sterbeort/Sterbedatum
Paramus, Bergen County, New Jersey, USA - 06.07.2001

Biografie


Anneliese Strauss geb. Silbermann lebte nur kurze Zeit in Bad Kissingen und war in dieser Zeit als „Haustochter" bei den Geschwistern Seelig angestellt.

Sie kam im März 1923 in Oberelsbach als zweites Kind des Schuhhändlers Max Silbermann und dessen aus Burgpreppach stammender Ehefrau Hilde geb. Hirschmann zur Welt und wuchs mit zwei Geschwistern auf: Paula (1920 - 2013) und Heinz (Hugo) (1924 - 1996). Die Familie Silbermann war eine alteingesessene, weitverzweigte Familie in der kleinen Rhöngemeinde, die auch gut ins Dorfleben integriert war. Annelieses Vater war Gründungsmitglied im 1910 gegründeten Turnvereinexterner Link. Er nahm auch als Frontsoldat am Ersten Weltkrieg teil und wurde mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse ausgezeichnet.

Anneliese besuchte wie ihre Geschwister die katholische Dorfschule in Oberelsbach, den jüdischen Religionsunterricht erteilte ein Lehrer aus Unsleben, der die guten Leistungen Annelieses und ihrer älteren Schwester bei einer Prüfung im September 1930 in seinem Prüfungsberichtexterner Link protokolliert.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten ignorierten zunächst noch viele Oberelsbacher Bürger die Boykottaufrufe der örtlichen Nationalsozialisten, allmählich wurden aber auch hier die Lebensumstände für die jüdische Minderheit immer schwieriger. Als erste aus der Familie entschloss sich Annelieses ältere Schwester zur Flucht aus Deutschland, als 17jährige ging sie im französischen Le Havre an Bord der „Normandie" und erreichte Ende August 1937 New York.

Im nächsten Jahr traf die Familie Silbermann der antisemitische Hass mit voller Härte. Schon vor dem Novemberpogrom war in Oberelsbach die Synagoge beschlagnahmt worden. Als am 1. Oktober 1938, einem Sabbat, die Juden ihr Bethaus räumen sollten, widersetzte sich Max Silbermann der Aufforderung. Daraufhin wurde Max Silbermann in die unterhalb der Synagoge vorbeifließende Els geworfen  und von ebenfalls anwesenden SA-Männern getreten und geschlagen. Silbermann, der im I. Weltkrieg das Eiserne Kreuz 1. Klasse erhalten hatte, rief diesen zu: „Leistet erst einmal das, was ich schon für unser Vaterland geleistet habe!“ (Vgl. Monika Eckert, Oberelsbach, Facharbeit 1984).

Doch es sollte noch schlimmer kommen. In der Pogromnacht schlugen SA-Männer die Türen und Fenster ein und drangen in die Wohnung der Familie Silbermann ein. Nach Zeugenaussagen flüchtete Anneliese, barfuß und nur mit einem Nachthemd bekleidet, in höchster Angst vor den Nazischergen aus dem Dorf. Annelieses Eltern soll „das Bett unter dem Hintern hervorgerissen[..] und dabei auseinandergerissen" worden sein. Die Täter zerstörten die Möbel und sogar die Wasserleitung, sodass der Keller volllief [...] Die auf die Straße geworfenen Schuhe des Schuhhändlers wurden zum größten Teil gestohlen. Einer der Täter, ein Gastwirt aus Ostheim, ging in das Dachgeschoss, wo sich Max Silbermann hinter einem Schrank versteckt hatte. Er kannte den Gastwirt und sagte zu ihm: „Wir sind doch immer gute Freunde gewesen." Doch unbeeindruckt stieß ihn der Gastwirt gemeinsam mit anderen Eindringlingen die Haustreppe hinunter (Vgl. Gronauer/Berger-Dittscheid, Mehr als Steine, Synagogen-Gedenkband Bayern, Band III,2.1, S. 830).

Spätestens jetzt war den Silbermanns klar, dass sie Deutschland verlassen mussten. Anneliese suchte angesichts der prekären wirtschaftlichen Situation eine Beschäftigung für die Zeit bis zur Emigration. Ihr Cousin Leo Silbermann hatte im Jahr zuvor eine Anstellung als Kellner im Hotel Seelig in Bad Kissingen bekommen, und möglicherweise über diesen Kontakt fand auch die inzwischen 15jährige Anneliese Mitte Februar 1939 bei den Geschwistern Seelig in der Von-der-Tann-Straße eine Beschäftigung als "Haustochter". Das jüdische Hotel hatte für 1939 keine Konzession mehr bekommen und Rosa und Hedwig Seelig zogen im Frühjahr nach Frankfurt. Deshalb verlor Anneliese auch bereits Ende April wieder ihre Anstellung und zog zurück nach Oberelsbach.

Max Silbermann gelang es in den folgenden Monaten, die erforderlichen Ausreise- und Einwanderungsformalitäten zu regeln, so dass Anneliese mit ihren Eltern und ihrem jüngeren Bruder Heinz im November 1939 in die Vereinigten Staaten emigrieren konnten. Laut US-Census von 1940 lebten Annelieses Eltern mit ihrem jüngsten Sohn in der Bronx in New York in einem gemeinsamen Haushalt, Anneliese war dort nicht gemeldet. Max Silbermann starb im Oktober 1976 im Alter von 87 Jahren, seine Frau Hilde war bereits im Februar 1975 mit 88 Jahren gestorben. Annelieses Bruder Heinz, der sich in den USA Henry nannte, starb im September 1996. Alle lebten bis zu ihrem Tod in New York.

Und Anneliese ältere Schwester Paula (1920 - 2013) , die 1937 in die USA emigrierte, heiratete im August 1944 den in New York geborenen Bernard Nocks, der osteuropäische Vorfahren hatte. Sie lebten später mit ihren beiden Kindern in Silver Spring, Maryland. Paula starb im September 2013 mit 93 Jahren. Bestattet wurde sie im King David Memorial Garden, Falls Church in Virginia.

Anneliese nannte sich in den Vereinigten Staaten Anne Silverman. Kurz nach Kriegsende heiratete sie im April 1946 in Manhattan Heinz Strauss (1920 -1969) aus dem hessischen Ober-Seemen (heute ein Stadtteil von Gedern im Wetterau-Kreis). Er war von Beruf Bäcker und konnte Ende der 1930er-Jahre nach England fliehen. Im Februar 1940 ging er in Liverpool an Bord der „Nova Scotia" und emigrierte in die USA. Annelieses Ehemann starb im April 1969 mit 48 Jahren und Anne überlebte ihn um mehr als 30 Jahre. Sie starb im Juli 2001 im Alter von 78 Jahren. Ihre letzte Ruhestätte fanden beide im Beth-El-Cemetery, Paramus, Bergen County in New Jersey.


Aus dem Fotoalbum:


Quellenangaben


Meldeakten der Stadt Bad Kissingen
Monika Eckert: „Facharbeit aus der Geschichte – Die Rhöngemeinde Oberelsbach in der NS- Zeit und in den ersten Nachkriegsjahren
Jüdische Gemeindearchive in Bayern/Central Archives for the History CAHJP, Distriktsrabbinat Bad Kissingen D-Ba2-31 Erscheinungsort Distriktsrabbinat Bad Kissingen Erscheinungsjahr 1913-1938, Rabbinatsakten, Oberelsbach betr., Blatt 54externer Link
Datenbank Ancestry, Anneliese Silberman in der Sammlung Deutschland: Daten über 7'400 nordbayrische Juden  externer Link
Holocaust Survivors and Victims Database, Annaliesa Silbermannexterner Link
Datenbank Myheritage,  Anneliese Silbermann In Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939externer Link
Datenbank Myheritage, Anneliese Silbermann In Ellis Island und andere New York Passagierlisten, 1820-1957externer Link
Datenbank Ancestry, Anneliese Silbermann in der Sammlung Europa, Registrierung von Ausländern und deutschen Verfolgten, 1939-1947externer Link
Arolsen Archives, Auszüge aus Transportlisten (Gestapobereich München) betr. Jüdinnen und Juden, die zwischen 1933 und 1942 an andere Orte zogen, emigrierten oder deportiert wurdenexterner Link
Datenbank Ancestry, Anne Silbermann in der Sammlung New York, USA, bundesstaatliche und föderale Einbürgerungsregister, 1794-1943externer Link
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Datenbank Findagrave, Henry und Anne Straussexterner Link
Datenbank Ancestry, Max Silverman in der Sammlung US-Volkszählung 1940externer Link
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Datenbank Familysearch, Heinz Israel Strauss Militärische Aufzeichnungen • Prisoners of War, 1715-1947, Internees at Liberty in the UK, Stern-Strauexterner Link
Datenbank Familysearch, Vereinigte Staaten. Einbürgerungsurkunden 10. Jan. 1945 | New York. Einbürgerungsurkunden 10. Jan. 1945, Max Silbermann [Hinweis auf älteste Tochter Paula]externer Link
Datenbank Familysearch, New York City. Einwanderungsunterlagen 29. Aug. 1937–30. Aug. 1937, Paula Silbermannexterner Link
Datenbank Myheritage, Paula Silbermann In Ellis Island und andere New York Passagierlisten, 1820-1957externer Link
Datenbank Myheritage, Bernard Nocks & Paula Silverman In New York City Eheschließungen, 1866-1949externer Link
Datenbank Myheritage, Paula S. Nocks In United States Obituary Index from Online Sourcesexterner Link
Datenbank Myheritage, Paula Nocks In U.S. Sterbe-Verzeichnis der Sozialversicherung (SSDI)externer Link
Datenbank Familysearch, Vereinigte Staaten. Einbürgerungsurkunden 22. Jan. 1945 | New York. Einbürgerungen [ Foto Hilde Silbermann]externer Link
Datenbank Myheritage, Hilde Silbermann (geb. Hirschmann) In Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939externer Link
Datenbank Myheritage, Hilda Silverman In U.S. Sterbe-Verzeichnis der Sozialversicherung (SSDI)externer Link
Mainpost OBERELSBACH , Kein jüdisches Leben mehr seit 1942, 23.04.2012externer Link
Website TSV Oberelsbach - so war's, Entwicklung des TSV Oberelsbach, Protokoll zur Gründungsversammlungexterner Link
Datenbank Myheritage, Max Silbermann In Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939externer Link
Datenbank Myheritage, Max Silverman In U.S. Sterbe-Verzeichnis der Sozialversicherung (SSDI)externer Link
Datenbank Myheritage, Heinz Silverman In FamilySearch Stammbaumexterner Link
Datenbank Familysearch, Henry H Silverman Tod • Sterbeverzeichnis der US-Sozialversicherungexterner Link

 

Bildnachweise




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