Personendaten


Liebmann Louis

Nachname
Liebmann
Vorname
Louis
Geburtsdatum
21.04.1870
Geburtsort
Steinach
Weitere Familienmitglieder

Eltern: Aron Liebmann und Esther geb. Schwab
Geschwister: Daniel
Ehefrau: Mathilde geb. Lisberger
Kind: Lothar

Adresse

Maxstraße 24a/ später Untere Markstraße 1

Beruf/Ämter
Textilkaufmann
Emigration/Deportation

Mai 1939 emigriert nach New York

Sterbeort/Sterbedatum
New York - 21.03.1959

Biografie


Die Gebrüder Liebmann (Louis und sein Bruder Daniel) besaßen eines der größten und renommiertesten Textilkaufhäuser in Bad Kissingen. Geboren wurden beide in Steinach an der Saale als Söhne des Kaufmanns Aron Liebmann und dessen Frau Esther Schwab: Louis Liebmann erblickte am 21. April 1870 das Licht der Welt. 1902 übernahm er zusammen mit seinem Bruder Daniel das Geschäft der Eltern. Der junge Kaufmann heiratete Mathilde Lisberger aus dem badischen Kleineichholzheim. 1905 erblickte ihr einziger Sohn Lothar das Licht der Welt.

Im Jahr 1913 entschlossen sich die Gebrüder Liebmann, das Geschäft von Steinach nach Bad Kissingen zu verlegen. Dort kauften sie ein repräsentatives Anwesen in der Unteren Marktstraße, das sie zu einem großen Textilkaufhaus ausbauen ließen.

Am 16. November 1934 wurden die beiden Kaufleute Daniel und Louis Liebmann wegen angeblich „unberechtigter Preissteigerungen“ verhaftet, und ihr Manufaktur- und Kurzwarengeschäft in der Unteren Marktstraße wurde geschlossen. Der nationalsozialistische Kreispressewart berichtete am nächsten Tag in der Saale-Zeitung, dass sich in den Abendstunden nach Bekanntwerden der Verhaftung „zahlreiche Volksgenossen“ vor dem Geschäft versammelt hätten, die - wie er meinte - „ihrer wohlverständlichen Empörung über solche jüdische Volksausbeutung Luft“ gemacht hätten. Es sei zu hoffen, „daß alle Schädlinge unserer Wirtschaft unnachsichtig ausgerottet“ würden. Im „Dritten Reich“ sei nur Platz für den „anständigen Kaufmann und Gewerbetreibenden“ (Saale-Zeitung, 17.11.1934). Die „Mainfränkische Zeitung“ benutzte in ihrer Ausgabe vom 19. November 1934 die Verhaftung der beiden Kissinger Kaufleute als Aufhänger für einen Propagandafeldzug gegen jüdische Kaufleute, die sie als „Schädlinge“ und „Wucherer“ diffamierte. Am 3. Dezember 1934 - also erst nach über zwei Wochen Haft - erließ die Polizeidirektion Würzburg einen „Schutzhaftbefehl“ gegen Daniel und Louis Liebmann. Die beiden Kissinger Kaufleute - so die Polizeidirektion - hätten „durch hohe unbegründete Warenpreisforderungen der Aufbauarbeit des nationalsozialistischen Staates entgegen gehandelt“. Daniel und Louis Liebmann hätten „sowohl den nat. soz. Staat als auch die Volksgemeinschaft zu schädigen versucht und als Rassefremde weite Bevölkerungskreise in stärkste Unruhe versetzt“ (Sta Wü, Gestapo 6144 Daniel Liebmann). Am 19. Dezember 1934 wurden Daniel und Louis Liebmann nach über vierwöchiger Haft endlich aus der „Schutzhaft“ entlassen. Sie mussten sich jedoch verpflichten, „sich vorläufig aus Bad Kissingen zu entfernen“. Nach Aufhebung des „Schutzhaftbefehls“ verging aber fast noch ein ganzes Jahr, bis am 27. August 1935 der Oberstaatsanwalt beim Landgericht Schweinfurt das Verfahren gegen Daniel und Louis Liebmann „wegen Preiswuchers und Vergehens gegen die Faserstoffverordnung“ einstellte. Die gegen Louis und Daniel Liebmann vorgebrachten Beschuldigungen hatten sich als haltlos erwiesen.

Bis zu ihrer Verhaftung in der Reichspogromnacht 1938 führten die Gebrüder Liebmann ihr Geschäft in der Unteren Marktstraße 11 weiter. Im Laufe des 12. November 1938 wurden Daniel, Louis und Arno Liebmann zusammen mit elf anderen Kissinger Juden von der Gestapo abgeholt und nach Würzburg gebracht. Louis Liebmann und sein Bruder Daniel hatten schon in den Monaten vor dem Novemberpogrom den festen Entschluss gefasst, in die USA zu emigrieren, doch trotz aller Bemühungen gelang es seinem Bruder Daniel und dessen Frau nicht, das nötige Affidavit zu erhalten. Das amerikanische Konsulat in Stuttgart lehnte die von ihnen vorgeschlagenen Bürgen als zu finanzschwach bzw. unzuverlässig ab.

Louis Liebmann und dessen Frau Mathilde konnten 1939 in die USA emigrieren. Ihr Sohn Lothar war bereits seit Juni 1936 in den Vereinigten Staaten. Auch Arno Liebmann, dem Sohn seines Bruders Daniel, gelang 1939 die Ausreise in die Vereinigten Staaten. Louis Liebmann, seine Frau Mathilde sowie sein Sohn Lothar und dessen Frau Paula lebten 1940 in einer gemeinsamen Wohnung in Manhattan. 

Nach einem fast sechsjährigen Wiedergutmachungsverfahren erhielten Louis Liebmann und sein Neffe Arno Liebmann (Erbe des Miteigentümers Daniel Liebmann) im März 1954 ihr Anwesen in der Unteren Maxstraße zurück, das die Gebrüder Liebmann 1940 unter Zwang und unter Wert verkaufen mussten.

Louis Liebmann starb in New York im März 1959, wenige Wochen vor seinem 89. Geburtstag. Mathilde Liebmann verstarb im März 1965 im Alter von 84 Jahren (Social Security Death Master File, Social Security number 050-18-3123).

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Quellenangaben


weitgehend gekürzter Textauszug aus: Hans-Jürgen Beck, Kissingen war unsere Heimat, Stand April 2017, S.721ff
US Holocaust Memorial Museum/Holocaust Survivors…externer Link
1940 US Censusexterner Link
Meldeunterlagen Stadt Bad Kissingen
Datenbank Ancestry, New York Sterbeindex 1949 - 1965externer Link
Datenbank Ancestry, New York Passagierlisten1820 - 1957externer Link
StAWü WB IV 3079  Liebmann/Fackelmann

Bildnachweise


Passfoto © Datenbank Findmypast, US Naturalization Petitions, Louis Liebmannexterner Link
Werbeannonce: © Kissinger Adressbuch 1928/30, Stadtarchiv Bad Kissingen



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