Personendaten
Hamburger Emma
Eltern: Moses und Gertrude Hamburger geb. Östreich
Geschwister: Isaak, David, Lina Kersten, Paula, Sally, Jenny
Villa Bavaria, Altenberg 2 (heute Altenbergweg 3)
September 1942 deportiert von Frankfurt nach Theresienstadt
Oktober 1944 deportiert nach Auschwitz
Biografie
Emma Hamburger kam am 24. Juni 1888 als sechstes von sieben Kindern einer angesehenen jüdischen Familie in Seligenstadt zur Welt. Ihr Vater Moses Hamburger war seit 1867 als Religionslehrer, Kantor und Prediger der jüdischen Gemeinde tätig, erteilte Musikunterricht, betrieb Weinhandel und Landwirtschaft und betätigte sich als Auskunftsberater. Es gab keine Wohltätigkeitsveranstaltung der katholischen Barmherzigen Schwestern in Seligenstadt, wo Moses Hamburger nicht mit seinem musikalischen Können selbstlos mitwirkte. Im Jahre 1925, als die katholische Gemeinde das 1100jährige Bestehen ihrer Kirche und des Klosters feierte, stellte sich Moses Hamburger uneigennützig mit seinem Können zur Verfügung und half bei der musikalischen Gestaltung der zahlreichen weltlichen Feiern (vgl. M. P. Spahn, Zur Geschichte der Seligenstädter Juden, 1986, S. 126-128). Emmas Vater hatte 1872 Gertrude Östreich geheiratet, mit der er sieben Kinder hatte. Sie starb 1912, Emmas Vater lebte noch bis 1935.
Emma Hamburger ließ sich zur Krankenschwester ausbilden und kam im Jahr 1927 erstmals nach Bad Kissingen. Für zwei Kursaisons war sie als Krankenschwester im Israelitischen Kurhospiz tätig, das zu diesem Zeitpunkt gerade eröffnet worden war. Sie lebte und arbeitete dort 1927 und 1928 jeweils zwischen März und Oktober/November in der „Villa Bavaria“ am Altenberg, in der sich das Israelitische Kurhospiz befand.
Laut Gedenkbuch des Bundesarchivs Koblenz wohnte sie vor der Deportation in Frankfurt/Main und wurde im September 1942 von dort nach Theresienstadt deportiert und im Oktober 1944 von dort weiter nach Auschwitz, wo sie den Tod fand. Ein genaues Todesdatum ist nicht bekannt. Auch ihre älteren Schwestern Lina Kersten, Paula und Jenny wurden in Auschwitz ermordet.
Ihre Brüder Isaak und Sally wurden nach Theresienstadt deportiert, überlebten aufgrund glücklicher Umstände - vielleicht trug auch ihr musikalisches Können dazu bei, denn beide spielten in der Lagerkapelle mit.
Nach der Rückkehr 1945 arbeitete Sally Hamburger als Bankbeamter an der Seligenstädter Bezirkssparkasse. Er starb im Mai 1954. Sein älterer Bruder Isaak leitete auch nach der Rückkehr wieder den Sängerchor und starb 1963 im Alter von 90 Jahren. Die beiden Brüder Emmas sind auf dem jüdischen Friedhof in Seligenstadt begraben. Es ist schwer zu begreifen, was beide bewogen hat, nach all dem, was sie und ihre Familie erlitten hatten, mit der Last der Erinnerung an die ermordeten Geschwister und Verwandten nach dem Krieg in Deutschland zu bleiben und in ihre Heimatstadt zurückzukehren - zumal Isaak Hamburger auch in der Nachkriegszeit noch Drohbriefe von anonymen antisemitischen Menschenverächtern erhielt (vgl. Dr. Dieter Fichtner, "Erst Diskriminierung - dann hundertfacher Mord", Offenbach-Post, Nr. 213 vom 12./13. September 1992).
Quellenangaben
Meldeunterlagen der Stadt Bad Kissingen
Datenbank Genicom
M. P. Spahn, Zur Geschichte der Seligenstädter Juden, 1986, S. 126-128
Dr. Dieter Fichtner, "Erst Diskriminierung - dann Hundertfacher Mord", Offenbach-Post, Nr. 213 vom 12./13. September 1992
Dietrich Fichtner, Und wollten so gerne bleiben, Ein Rundgang zu den Häusern der Seligstädter Juden, S. 46 - 48
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