Personendaten
Bach Viktor
Eltern: Gabriel und Minna Bach geb. Forchheimer
Geschwister: Hedwig verh. Zeilberger, Rosa, Arthur, Martha, Selmar, Robert, Hugo
Ehefrau: Erna Benscher
Kinder: Ruth und Gabriel
Hemmerichstraße 33 (heute 4)
Oktober 1938 emigriert in die Niederlande
April 1940 nach Palästina
Biografie
Viktor Bach erblickte am 18. Dezember 1894 als Sohn des Pferdehändlers Gabriel Bach und dessen Frau Minna geb. Forchheimer in Unsleben bei Mellrichstadt das Licht der Welt. Er wuchs in einer kinderreichen Familie mit sieben Geschwistern auf.
Im September 1905 kam er an die Kissinger Realschule und absolvierte im Juli 1911 mit guten Noten erfolgreich seinen Abschluss. Auch sein 5 Jahre jüngerer Bruder Arthur (der bereits 1924 verstarb) besuchte mehrere Jahre diese Schule. Beide wohnten während dieser Zeit in der Hemmerichstraße 33 bei seiner Tante Mathilde, die mit dem Kissinger Eisenhändler Isaak Losmann verheiratet war..
Viktor Bach trat nach seinem Schulabschluss in Bad Kissingen auf Veranlassung seines Vaters als Lehrling in die Firma „Hirsch & Sohn" in Halberstadt ein. Mit großem Fleiß arbeitete er sich schnell empor und wurde in relativ jungen Jahren Prokurist in der Firma. In der Firma lernte er auch seine spätere Frau Erna Benscher kennen, die dort als Sekretärin arbeitete. Ihre beiden Kinder Ruth und Gabriel kamen 1923 und 1927 in Halberstadt zur Welt. In den folgenden Jahren stieg Viktor Bach zum Generaldirektor der zur Firma Hirsch gehörenden „Hirsch Kupfer- und Messingwerke“ in Eberswalde auf, das eines der bedeutendsten deutschen Metallwerke war. Er war auch sehr engagiert in der zionistischen Bewegung und wurde zum Direktor von „Keren Hayesod“, einem 1920 in London gegründeten Stiftungsfond, der im Sinne der Balfour Declaration die Sammlung der erforderlichen Geldmittel für den Aufbau eines jüdischen Staates organisierte. Die Bachs blieben nach Hitlers Machtübernahme weiter in Deutschland. Viktor Bach, Generaldirektor einer der größten Fabriken der Schwerindustrie in Deutschland, wurde sogar von Assistenten seiner Firma, die mit Göring befreundet waren, gebeten, in Deutschland zu bleiben. Als 1938 die Sudetenkrise ausbrach, wurden den Bachs vorübergehend die Pässe abgenommen, damit ihr Vater als kriegswichtige Person das Land nicht verlassen konnte.
Zwei Wochen vor dem Novemberpogrom emigrierte die Familie nach Holland. Der damals 11jährige Sohn Gabriel Bach erinnert sich an den dramatischen Grenzübertritt: „Und ich erinnere mich noch genau, wie an der holländischen Grenze SS-Leute in den Zug kamen und sagten: Familie Bach, raus! Wir mussten in einer Baracke die Koffer öffnen, und sie warfen alles in eine Ecke. Erst als sich der Zug wieder in Bewegung setzte, durften wir gehen. Wir liefen dem Zug nach, und ein SS-Mann trat mich in einen gewissen Körperteil. So wurde ich mit einem Fußtritt aus Deutschland hinausbefördert“ (Interview im Zeitmagazin vom 7.4.2011). Auch die Flucht aus den Niederlanden gelang im letzten Augenblick. Im April 1940 - einen Monat vor dem Einmarsch der deutschen Truppen - reisten die Bachs auf dem Schiff „Patria“, das bei der nächsten Überfahrt versenkt wurde mit 250 Todesopfern, nach Palästina und entkamen so der drohenden Deportation und Vernichtung. Dass Viktor Bach so lange mit der Emigration nach Palästina gezögert hatte, lag nach Aussagen seines Sohnes daran, „weil mein Vater die ganze Familie retten wollte. Und das ist ihm auch gelungen. Er hat alle Onkel, die in Dachau und Buchenwald waren, herausgeholt und ihnen Einreisebewilligungen für Palästina verschafft…. [Er] hat die Dinge vorausgesehen. In Israel sagten die Leute, mein Vater habe einen sechsten Sinn, wann man sich absetzen muss“ (Zeitmagazin vom 7.4.2011).
Viktor Bach wurde in Palästina bzw. Israel Mitglied der renommierten „Bank Leumi“, die in den 50er Jahren die Aufgaben einer israelischen Nationalbank ausübte. Er starb nach Angaben seines Sohnes im März 1987 im Alter von 92 Jahren. Seine Frau Erna war bereits im Juli 1978 in Jerusalem gestorben.
Sein Sohn Gabriel studierte nach dem Krieg am „University College“ in London Jura. Im Jahr 1961 wurde er in der Öffentlichkeit bekannt als stellvertretender Generalstaatsanwalt und zweiter der drei Ankläger im Eichmann-Prozess, was sein Leben entscheidend verändern sollte. Im Jahre 1969 wurde er Generalstaatsanwalt in Israel. Nach der Berufung an den Obersten Gerichtshof Israels als Richter im Jahre 1982 wirkte Gabriel Bach dort bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1997. Gabriel Bach starb am 20. Februar 2022 im Alter von 94 Jahren.
Auch Viktor Bachs 1923 in Halberstadt geborene Tochter Ruth, die zeitlebens ledig blieb, lebte wie ihr Bruder in Jerusalem (Information von Gabriel Bach, Telefonat vom 04.02.2020). Sie starb im September 2020. (Nähere Einzelheiten zu ihrer beeindruckenden beruflichen Karriere finden sich in Doron Zeilbergers Familiengeschichte der Bachs:" Ruth Bach, hatte ein sehr interessantes Leben. Zwischen 1940 und 1945 arbeitete sie unter Richard Graves, dem Beauftragten für Arbeit im britischen Mandat für Palästina. Von 1951 bis 1953 arbeitete sie im israelischen Konsulat in New York, und von 1953 bis 1959 war sie Chefsekretärin von Teddy Kollek, dem damaligen Stabschef im Büro des Premierministers, der auch für den Tourismus zuständig war. Danach wurde sie als Verantwortliche für Unterhaltung und Kultur auf den israelischen Kreuzfahrtschiffen Jerusalem (1959-1962) und Shalom (1962-1967) eingesetzt. Später wurde sie Public-Relations-Beauftragte des Tel-Aviv Hilton, wechselte dann zum Jerusalem Hilton und leitete vor ihrer Pensionierung das Gästehaus für kreative Künstler des Projekts Mishkanot Shaananim, einer Künstlerkolonie in Jerusalem, wo die berühmte Windmühle steht.")
Im nachfogenden Video Gabriel Bach, "Das Strafverfahren gegen Adolf Eichmann in Jerusalem" spricht Gabriel Bach über seine Erinnerungen an den Eichmann-Prozess, aber auch über biografische Details aus seiner Kindheit (2:00 min - ca. 10:00 min).
Quellenangaben
Schülerakte des Jack-Steinberger-Gymnsiums
Israel's archives are going online
Wikipedia-Artikel zu Gabriel Bach
Gabriel and Mina Bach (The parents of Doron Zeilberger's Paternal Grandmother)
Zeit online: Gabriel Bach: Mein Vater hatte den sechsten Sinn, von Herlinde Koelbl
"Mit einem Fußtritt hat mich ein SS-Mann aus Deutschland befördert", Interview mit Gabriel Bach in der Wochenzeitung Jungle World, Beilage Dschungel, Teil 1: Nr. 14. vom 7. April 2011; Teil 2: Nr. 15.[3]
Juden im alten Halberstadt
Ein Gespräch mit Gabriel Bach (Sohn Viktor Bachs), Teil 1 anhören: Flucht aus Deutschland und Holland nach Palästina
Gabriel Bach: "Er war so besessen, dass er sich sogar über Hitler hinwegsetzte"
Informationen Gabriel Bach, Telefonat vom 04.02.2020
Jana Müller, Gabriel Bach – vom Flüchtling aus Deutschland zum Ankläger im Eichmann-Prozess, Stiftung Gedenkstätten Sachsen Anhalt, Erinnern! Aufgabe, Chance, Herausforderung, Heft 1 | 2014, S. 20 - 33
Myheritage, in : Billion Graves, Erna Bach
Bildnachweise
Familienfoto Viktor Bach mit seinen Eltern und Geschwistern © Gil Zeilberger
weitere Fotos © Israel's archives are going online
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