Personendaten


Kahn Ida

Nachname
Kahn
Geburtsname
Kugelmann
Vorname
Ida
Geburtsdatum
02.05.1890
Geburtsort
Bad Kissingen
Weitere Familienmitglieder

Eltern: David Kugelmann und Johanna geb. Wormser
Geschwister: Charlotte, Fritz, Bertha, Bernhard, Hugo, Ina
Ehemann: Sali (Henry) Kahn
Kinder: Helen verh. Lessing und Ina verh. Schwabe

Adresse

Theresienstraße 22 (heutige Zählung)

Beruf/Ämter
Emigration/Deportation

Juni 1937 emigriert nach Belgien/ Oktober 1938 emigriert in die USA

Sterbeort/Sterbedatum
Scarsdale im Bundesstaat New York - 28.10.1982

Biografie


Ida Kahn geb. Kugelmann stammt aus einer alteingesessenen Kissinger Kunsthändlerfamilie, deren Wurzeln bis ins 17. Jahrhundert zurückreichen. Sie kam am 2. Mai 1890 als jüngstes Kind von David Kugelmann und Johanna geb. Wormser in Bad Kissingen zur Welt und hatte noch fünf ältere Geschwister. Ihr Vater war ein international renommierter Kunst- und Antiquitätenhändler, der am Rosengarten ein Geschäft für antike Gemälde, Möbel und Kunstgegenstände besaß.

Ida Kahn heiratete den aus Frankenthal in der Pfalz stammenden Wein- und Spirituosenhändler Sali Kahn und zog (vermutlich nach ihrer Heirat 1913) nach Mannheim. Ihr Mann hatte dort nach 1910 die Weingroßhandlung und Branntweinbrennerei „Salli Kahn & Sally Wolf“ mitbegründet. Ida Kahn lebte während des Ersten Weltkrieges, als ihr Mann im Felde stand, zeitweise bei ihren Eltern in Bad Kissingen. Ihre beiden Töchter Helene und Ina kamen 1915 und 1919 in Mannheim zur Welt. Sali Kahn hatte mit seinem Wein- und Branntweingeschäft auch in den schwierigen Anfangsjahren der Weimarer Republik ein florierendes Unternehmen, besonders seine nach französischem Vorbild selbst gebrannten Spirituosen hatten einen ausgezeichneten Ruf. Die Familie war deshalb recht wohlhabend und die beiden Töchter genossen eine fundierte Schulausbildung. Sie wurden zunächst privat unterrichtet, bevor sie das Lieselotte-Gymnasium besuchten. In den Sommerferien fuhr man an die Nordsee und den Winterurlaub verbrachte man im Schweizer St. Moritz. Auch den Kontakt zu ihrer Geburtsstadt Bad Kissingen hielt Ida Kahn weiter aufrecht und besuchte mit ihren Kindern auch noch nach dem Tod ihrer Eltern die Badestadt, wo die Kugelmann-Verwandtschaft lebte.

Die Familie verbrachte eine glückliche Zeit in Mannheim, war gut integriert und angesehen, bis die Nationalsozialisten an die Macht kamen.

Die jüngere Tochter Ina erinnert sich an die Situation in den 1930er Jahren nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten. Als Schülerin des Liselotte-Gymnasiums, damals einer privaten höheren Mädchenschule, hatte sie noch 1934 überwiegend ungewöhnlich positive Erfahrungen mit nichtjüdischen Mitschülerinnen gemacht. Als Ina im Oktober 1934 überlegte, ob sie angesichts der veränderten Situation zu einem Landschulheimaufenthalt der Klasse mitfahren sollte, bestanden drei ihrer nichtjüdischen Freundinnen auf ihrer Teilnahme („either you go - or the class doesn’t go“) und erlebte eine „wunderbare Zeit“ (Ina Schwabe, Brief vom 15.11.1989). Allerdings hat auch sie negative Erfahrungen mit antisemitischen Schikanen gemacht: Als sie mit ihrer Mutter das Rheinschwimmbad Herweck besuchte, stürmte eine Horde SS-Leute herein, um die Juden hinauszuwerfen. Ida Kahn reagierte geistesgegenwärtig und befahl ihrer Tochter ruhig in der Ecke sitzen zu bleiben, und ihr Gesicht zur Mauer abzuwenden und so zu tun, als ob sie sich sonne. Die anderen jüdischen Kinder rasten in Panik davon - barfuß und nur in Badekleidung - durch den Schlossgarten nach Hause. „Wir warteten, bis alles vorbei war, zogen uns in aller Ruhe an und gingen nach Hause“ (ebd.).

Ida Kahn und ihr Mann schickten ihre jüngere Tochter im April 1936 in die Schweiz und trafen sie in den Sommerferien 1938 in Belgien. Angesichts der zunehmend bedrohlichen Situation in Deutschland wurde immer deutlicher, dass die Familie in Deutschland keine Zukunft mehr hatte. Ida Kahn war deshalb zunächst nach Palästina gereist, um sich ein Bild zu machen, ob sie und ihr Mann dorthin auswandern könnten. Eine andere Überlegung war Bogota in Kolumbien, wo sie deutsche Freunde hatten. Die Entscheidung fiel schließlich für die Vereinigten Staaten, wohl auch deshalb weil Idas ältere Schwester Regina Marx bereits in New York lebte (Informationen Pamela Ruth Landau Lessing, Ida Kahns Enkeltochter). Pamela Lessing geht davon aus, dass sie diese Schwester in den 1930er Jahren tatsächlich besuchten, um zu sehen, wie New York für sie sein könnte. Sali Kahn musste 1938 das Gebäude seiner Weingroßhandlung und Branntweinbrennerei zwangsverkaufen und verließ daraufhin Deutschland. Wie rigoros sich der NS-Staat am Vermögen der jüdischen Bürger bereicherte, zeigt auch das Beispiel der Gestapo, die Erkundigungen in Bad Kissingen einzog und vom dortigen Grundbuchamt erfuhr, dass Ida Kahn ein Sechstel des Kugelmann-Anwesens in der Theresienstraße 3 zustand. Daraufhin veranlasste die Gestapo nach Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft die Sicherstellung des Vermögensanteils.

Soweit Pamela Lessing -  aus Familienerzählungen weiß, lebten Ida und Sali Kahn mit ihrer Tochter Ina 1938 in Belgien. Dort wandte sich Sali Kahn, dessen Verhandlungsgeschick nach Angaben seiner Enkelin für sein Verhandlungsgeschick legendär war, an den amerikanischen Botschafter und bekam ein Visum für Ida, Ina und sich. Im Oktober 1938 verließen sie Belgien und erreichten mit dem Schiff "Nieuw Amsterdam" New York. Es gelang den Kahns sogar, ihr gesamtes Mobiliar aus der Brüsseler Wohnung nach New York zu verschiffen.

Die ältere Tochter Helene zog Mitte der 1930er Jahre nach England, um dort einige Jahre zu arbeiten. Es war ihr gelungen, eine Arbeitserlaubnis zu erhalten, was ungewöhnlich war und arbeitete als Übersetzerin. Erst 1938, als ihre Eltern gezwungen waren, Deutschland zu verlassen, nachdem 90% ihres Vermögens eingezogen worden war, wurde ihr klar, dass sie nicht mehr nach Deutschland zurückkehren konnte. 1940 emigrierte sie von Großbritannien in die USA. Sie war zu diesem Zeitpunkt bereits mit dem aus Bamberg stammenden Fred Lessing verlobt (Angaben von Pamela Lessing - eine der beiden Enkeltöchter Idas). Es war klar, dass Fred, sobald wie möglich, in die USA nachkommen würde. Im Mai 1940 wurde er allerdings erst einmal als "feindlicher Ausländer" in einem Internierungslager inhaftiert. Nach seiner Freilassung sechs Monate später arbeitete er ein Jahr, um Visum und Überfahrt zu finanzieren. Im Januar 1942 erreichte er New York und wenige Monate später im August heirateten beide.

Idas Ehemann, der sich in den USA Henry S. Kahn nannte und als Unternehmer tätig war, starb 1959 in New York, sie überlebte ihren Ehemann um 23 Jahre und starb im Oktober 1982 in Scarsdale im Bundesstaat New York.

Die Enkel und Urenkel Ida Kahns leben heute in den Vereinigten Staaten. Über den Kontakt zu der in Colorado lebenden Pamela Lessing, haben wir zahlreiche Informationen zu ihrer Großmutter und die wunderschönen Fotos aus dem Familienalbum erhalten.

Blick ins Fotoalbum


Quellenangaben


Meldeunterlagen der Stadt Bad Kissingen
Meldeunterlagen der Stadt Mannheim
StAW Gestapo 2935 Kahn Ida geb. Kugelmann 
Hans-Jürgen Beck, Kissingen war unsere Heimat, S.528
Social Security Death Indexexterner Link
Datenbank Familysearch, New York, New York Passenger and Crew Lists, 1909, 1925-1957externer Link
Datenbank Familysearch, New York, Southern District, U.S District Court Naturalization Records, 1824-1946externer Link
Datenbank Myheritage, Familienstammbaum, Alan Harding Websiteexterner Link
Informationen von Pamela Ruth Landau Lessing (Enkeltochter von Ida Kahn), Mail vom 26.06 und 16.08.2023

Bildnachweise


© Die Fotos verdanken wir freundlicherweise Pamela Ruth Landau Lessing, der Enkeltochter von Ida Kahn



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