Personendaten


Levi Max

Nachname
Levi
Vorname
Max
Geburtsdatum
01.08.1882
Geburtsort
Berkach/Thüringen
Weitere Familienmitglieder

Eltern: Meier Levi und Fanny geb. Wolf 
Ehefrau: Olga geb. Fay
Kinder: Herta Klara, Franz Ferdinand

Adresse

Weidgasse 7

Beruf/Ämter
Lederwarenhändler
Emigration/Deportation

September 1941 an den Folgen der Zwangsarbeit bei der Firma "Siemens" in Berlin gestorben

Sterbeort/Sterbedatum
Berlin - 20.09.1941

Biografie


Max Levi war eines von zehn Kindern der Eheleute Meier und Fanny Levi, geb. Wolf. Er wurde am 1. August 1882 in Berkach in Thüringen geboren. Die Vorfahren der Familie Levi lebten als sog. „Schutzjuden" der Würzburger Fürstbischöfe seit dem 17. Jahrhundert in Berkach. Max' Urgroßvater Joseph Chaim Levi (1773 - 1886) war Lehrer und Schochet in der jüdischen Gemeinde. Der Anteil der jüdischen Bewohner betrug im 19. Jahrhundert teilweise über 40% der Dorfbevölkerung.

Max besuchte zunächst die jüdische Dorfschule, bevor ihn seine Eltern im September 1894 auf die Kissinger Realschule schickten, wo er in die 2. Klasse aufgenommen wurde. Er besuchte die Schule bis zum Abschluss der 5. Klasse im Juli 1897 mit guten Leistungen. Warum er die Schule verließ und wohin er wechselte wird aus der Schülerakte nicht ersichtlich. Während dieser Zeit wohnte er bei Kaufmann Abraham Salzer in der Weidgasse. Max Levi ging vermutlich sofort nach dem Verlassen der Schule nach Frankfurt, um sich dort im Lederwarenhandwerk ausbilden zu lassen.

Nach seiner Ausbildung zog der junge Mann nach Paris, nachdem er sich vor seiner Abreise mit Olga Fay, der Tochter eines Fürther Hopfenhändlers, verlobt hatte. Vermutlich hatten sich beide in Frankfurt kennengelernt, wo Olga bei Verwandten aufgewachsen war und eine höhere Schulausbildung erhalten hatte. Sie sprach fließend Englisch und Französisch. Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges konnte Max Levi mit dem letzten Zug nach Deutschland Paris verlassen. 1916 heiratete er seine Verlobte. Sie lebten in Berlin und im Jahr darauf wurde die Tochter Herta Klara geboren, der Sohn Franz Ferdinand im Jahr 1920. Die Familie lebte zunächst in Berlin-Mitte, in der Köpenicker Straße. Dort erlebten sie auch in unmittelbarer Nachbarschaft den Kapp-Putsch im März 1920. Bei den Schießereien war auch die Familie Levi selbst in Gefahr, so dass sie ihren eben geborenen Sohn Franz Ferdinand auf der Toilette versteckten. Später zog die Familie in die Ritterstraße, ebenfalls in Berlin-Mitte. Max Levi war ein erfolgreicher Lederwarenproduzent und -händler und auch Max Frau Olga arbeitete im Betrieb mit, so dass die Familie in wohlhabenden Verhältnissen lebte. Allerdings blieb dadurch wenig Zeit für die Kinder. Ihr Sohn Franz Ferdinand erzählt in seinem Interview von 1996 mit der Shoa Foundation, dass seine Eltern die Erziehung völlig den Kindermädchen überlassen hätten, und beklagt einen Mangel an Zuwendung und körperlicher Nähe zu den Eltern, wobei er dies auf den „puritanischen Zeitgeist" und nicht auf fehlende Liebe der Eltern zurückführt (vgl. Interview der USC Shoa Foundation mit Franz Ferdinand Levi, November 1996externer Link - Die folgenden Einblicke und Informationen zum Leben der Familie basieren vielfach auf diesem Interview).

Max Levi war nach Angaben seines Sohnes sehr belesen und besaß auch eine umfassende häusliche Bibliothek. Obwohl er in seiner Kindheit an der jüdischen Schule in Berkach sicherlich sehr orthodox und traditionell erzogen wurde, entwickelte er sich später zum Agnostiker, der die Religion prinzipiell ablehnte. Während seines Aufenthalts in Paris habe er sich zum Marxisten entwickelte, der von sozialistischen Ideen überzeugt war, was angesichts der gutbürgerlichen Vermögensverhältnisse der Familie schon erstaunlich ist (vgl. ebenda).

Als Max Levi für verloren gegangene Besitztümer in Frankreich eine finanzielle Entschädigung erhalten hatte, konnte die Familie Levi 1931 in Frohnau, Am Rosenanger 21, ein ehemaliges Wochenendhaus erwerben, das im Laufe der 1930er Jahre zur dauerhaften Bleibe werden sollte. Im Keller des Hauses befand sich eine Werkstatt, in der Max sein Gewerbe weiterführen konnte.

Seine Eltern - so erinnert sich Franz Levi - hätten dort kaum am gesellschaftlichen Leben in der Stadt teilgenommen, sie hätten keine Freunde gehabt und selten Besuch zu Hause empfangen, eigentlich nur von der weitläufig verwandten Familie Michelsohn, die eine Fabrik in Chemnitz und im englischen Haddonfield besaßen, und bereits 1934 nach England emigrierten. Vielleicht hing dies auch damit zusammen, dass das gesellschaftliche Klima in diesem Vorort von Berlin schon zu Beginn der 1930er Jahre stark von den Nationalsozialisten bestimmt wurde.

Franz Levi, der seit 1931 das Gymnasium in Frohnau besuchte, erlebte dort die Schikanen seiner Mitschüler und wurde von seinem Französischlehrer immer wieder mit Schlägen malträtiert. Er fühlte sich unglücklich in der Schule, hatte schlechte Noten, obwohl er intelligent war, und lernte nicht. Bereits 1933 war jüdischen Schüler nicht mehr gestattet, das Frohnauer Gymnasium zu besuchen, so dass Franz mit 13 Jahren die Schule verließ und zunächst Gemüsegärtner werden wollte. 

Max Levi war damals der Ansicht, dass die Nationalsozialisten, nachdem sie an die Macht gekommen waren, sich an das Establishment anpassen und mäßigen würden. und dann würde es auch wieder einen Platz für Juden in Deutschland geben - eine fatale Fehleinschätzung, wie sich herausstellen sollte. Sein 13jähriger Sohn erkannte dagegen, dass er Deutschland verlassen musste, und schloss sich einer zionistischen Jugendbewegung, den „Werkleuten" an.  Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die jüdische Religion und Tradition keine Rolle in seinem Leben gespielt, doch durch die gesellschaftliche Ausgrenzung durch den Nationalsozialismus wurde Franz sich seiner jüdischen Identität bewusst und bestand gegenüber seinen Eltern darauf, mit 13 seine Barmizwah zu feiern. Besonders sein Vater Max war darüber entsetzt und weigerte sich, an der Feier in der Synagoge teilzunehmen. 

Einem etwas älteren Cousin aus Offenbach - selbst vom Zionismus überzeugt - gelang es schließlich, Max und Olga dazu zu bringen, zu akzeptieren, dass ihr Sohn sich der zionistischen Jugendorganisation anschloss. Franz besuchte ab 1934 auch eine jüdische Abendschule. 1936 erhielt er mit Unterstützung der „Werkleute" eine Genehmigung, nach Palästina zu emigrieren, und Max Levi und seine Frau gaben schließlich ihren Widerstand gegen die Emigration ihres Sohnes auf. Es sollte ein Abschied für immer werden.

Franz Ferdinand Levi lebte zunächst im Jugend-Kibbutz Ben Shemen, schloss sich 1940  der Untergrundorganisation Haganah an und trat 1941 in die britische Armee ein.  Er war in Syrien, Palästina und Nordafrika und in Italien im Einsatz und zwischen 1945 und 1947 für nachrichtendienstliche Zwecke und nach Kriegsende vor allem auch zur Aufspürung von Kriegsverbrechern und zur Aufklärung von Kriegsverbrechen in Österreich eingesetzt. Nach seiner Entlassung aus der britischen Armee war er Sekretär des Kärntner Landeshauptmanns. In späteren Jahren wanderte er nach England aus. Er starb 1999 in Chelsea. 1996 hat der der USC Shoa Foundation ein Interview gegeben, dem wir wichtige Informationen über seinen Vater verdanken, das aber vor allem auch einen aufschlussreichen Einblick in seine ungewöhnliche Lebensgeschichte vermittelt.

Auch Max' Tochter Herta Klara, die zunächst als Aupair-Mädchen nach England gegangen, emigrierte 1938 nach Palästina. Sie heiratete dort 1945 den aus Stuttgart stammenden Klaus Adolf Zürndorfer und nahm in Israel den Namen Hannah Yaron an. Sie starb 1956 im Kibbutz Hazorea.

Max Levi und seine Frau blieben dagegen in Deutschland und wohnten weiterhin unter immer schwierigeren Verhältnissen in ihrem Haus in Frohnau. Sie wollten diesen Platz, das einzige, was ihnen noch geblieben war, nicht verlassen. Als Jude wurde Max Levi im Zweiten Weltkrieg zur Zwangsarbeit verpflichtet und ab 1939 bei der Firma "Siemens" eingesetzt. Wenn er einmal einen freien Tag hatte, musste er den Weg von Siemensstadt nach Frohnau zu Fuß zurücklegen, da Juden keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen durften. Die Zwangsarbeit ruinierte seine Gesundheit. Er brach während der Arbeit zusammen und wurde in das jüdische Krankenhaus eingewiesen, wo er am 20. September 1941 verstarb. Als offizielle Todesursache ist "Angina pectoris" angegeben. Er wurde auf dem jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee beerdigt. Seine Frau Olga lebte weiterhin in ihrem Haus in Frohnau. Eine Nachbarin brachte ihr gelegentlich etwas Essen und erhielt dafür Silberbesteck.  Sie hat auch gesehen, wie Olga Levi im März 1943 mit einem Lastwagen abgeholt wurde. Da die 67-Jährige nicht mehr aus eigener Kraft auf die Ladefläche klettern konnte, habe man sie einfach auf die Ladefläche geworfen, Sie wurde von Berlin-Moabit aus nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.  
 


Quellenangaben


Bildnachweise


© Franz Ferdinand Levi, Yad Vashem Zentrale Datenbank Vashem und USC Shoa Foundation



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