Julius Reis gehört zu den jüdischen Schülern der Kissinger Realschule, deren Heimatgemeinden relativ weit entfernt in der Rhön lagen, und die deshalb während ihrer Schulzeit in der Kurstadt lebten. Er kam am 12. September 1903 als drittes Kind des Kaufmanns Salomon Reis und dessen Frau Sofie geb. Schloß in Oberwaldbehrungen bei Mellrichstadt zur Welt und hatte noch zwei ältere Geschwister, Norbert und Rosa Reis, die 1898 und 1899 geboren wurden. Die Familie Reis war eine alteingessene, angesehene Familie in der heute zu Ostheim v. d. Rhön gehörenden Gemeinde Oberwaldbehrungen. Ihre Wurzeln lassen sich bis Anfang des 19. Jahrhunderts zurückverfolgen. Julius' Großvater Alexander Reis leitete um 1900 als Kultusvorstand die jüdische Gemeinde.

Noch vor Julius' Realschulzeit war die Familie nach Bad Neustadt gezogen. Im September 1914 trat Julius Reis in die Kissinger Realschule ein und absolvierte 1920 erfolgreich die Abschlussprüfung. In dieser Zeit wohnte der Schüler in der Salinenstraße 9 bei Lina Hofmann. Die Ferien verbrachte er bei seinen Eltern in Bad Neustadt. Sein Vater war bereits 1915 verstorben. Seine Mutter Sofie lebte noch bis Juni 1936. Beide sind auf dem jüdischen Friedhof in Bad Neustadt begraben. Julius' 1898 geborener Bruder Norbert fiel wenige Monate vor Ende des Ersten Weltkriegs, er wurde nur zwanzig Jahre alt. August 1920 meldete sich Julius Reis wieder nach Bad Neustadt ab.

Über sein weiteres Schicksal ist nur sehr wenig bekannt. Er hat die NS-Zeit in Argentinien überlebt. Wann er dorthin ausgewandert /emigriert ist, ist bisher nicht bekannt. Er besaß die argentinische Staatsangehörigkeit und war verheiratet. 1955 hielt sich der damals 51-jährige Kaufmann Julius Reis vorübergehend in Rio de Janeiro in Brasilien auf.