Nathan Bretzfelder, der am 13. August 1863 als Sohn von Samuel und Hanna Bretzfelder geb. Reichmann in Estenfeld geboren wurde, war über viele Jahre hinweg als Vorstand der Kultusgemeinde und als entschiedener Gegner des aufkommenden Nationalsozialismus in Bad Kissingen aktiv. In Bad Kissingen vermochte er sich mit seinem Kurheim – der "Villa Holländer" – unter den ersten Häusern der Stadt zu etablieren.

Nathan Bretzfelder war seit 1891 mit Klara geb. Goldstein verheiratet. Ihr erstes Kind Sali kam am 10. Januar 1894 zur Welt, war später von Beruf Kaufmann und starb bereits 1914 in Innsbruck. 1895 kam ihre Tochter Irma zur Welt, die 1923 den Fürther Arzt Dr. Sally Mayer heiratete. Dieser eröffnete noch im gleichen Jahr im Kurheim seines Schwiegervaters „Villa Holländer“ eine Praxis als praktischer Arzt und Badearzt. 1899 wurde Nathan Bretzfelder das Kissinger Bürgerrecht verliehen. Am Neujahrstag 1931 konnte der angesehene Kissinger Bürger ein seltenes Jubiläum begehen: An diesem Tag jährte sich zum 25. Mal der Tag, seitdem er ununterbrochen dem Kissinger Stadtparlament angehörte. Von 1905 bis Mitte 1919 war Nathan Bretzfelder Mitglied des Kollegiums der Gemeindebevollmächtigten, von da ab Mitglied des Stadtrats. Zu Ehren des Jubilars beschloss der Stadtrat am 23. Dezember 1930, ihm eine Urkunde zu verleihen und ihm die Möglichkeit zu geben, sich im Goldenen Buch der Stadt zu verewigen. Zu diesem Zweck kam Oberbürgermeister Dr. Max Pollwein persönlich mit dem Goldenen Buch der Stadt ins Haus Bretzfelder. Im Namen der Stadt bedankte sich das Kissinger Stadtoberhaupt bei Nathan Bretzfelder „für das uneigennützige, verdienstvolle Wirken im Dienste des Gemeindewohles im Laufe von zweieinhalb Jahrzehnten“. Der Jubilar dankte Dr. Pollwein bewegt für die Ehrung und stellte eine Spende für wohltätige gemeinnützige Zwecke zur Verfügung. 

Nur zwei Jahre später musste Nathan Bretzfelder erleben, dass er erst im März 1933 in „Schutzhaft“ genommen wurde und dass er dann später zusammen mit Otto Goldstein gegen seinen Willen aus dem Kissinger Stadtrat ausscheiden musste. In der NS-Zeit bemühte sich Nathan Bretzfelder als Vorsitzender der Kultusverwaltung nach Leibeskräften, den Gemeindemitgliedern beizustehen. Mitte März 1938 versuchte der Kissinger Stadtrat dann erneut, sich an Nathan Bretzfelder wegen dessen leidenschaftlichen Kampfes gegen den aufkommenden Nationalsozialismus in Bad Kissingen während der Weimarer Republik zu rächen: Auf Betreiben des Stadtrates und Kreispropagandaleiters Josef Bauch erhielt Nathan Bretzfelder keine Konzession mehr für sein Kurheim, da „sich der Jude Bretzfelder während der Kampfzeit und auch noch ganz kurz vor der Machtübernahme der Bewegung widersetzt und ganz abträglich hervorgetan“ habe. In der Pogromnacht vom 9./10. November 1938 wurde Nathan Bretzfelder verhaftet und im Gefängnis des Amtsgerichtes inhaftiert. Zusammen mit einigen anderen hochbetagten Kissinger Juden wurde der 75-jährige zwei Tage später aus der „Schutzhaft“ entlassen.

Er starb am 1. Februar 1939 in Bad Kissingen. Auf seinem Grabstein wird er als „treuer Mann, Zierde seiner Familie, Wohltäter und Vorsitzender unserer Gemeinde“ gewürdigt.