Personendaten


Ruckenstein Bernhard

Nachname
Ruckenstein
Vorname
Bernhard
Geburtsdatum
17.04.1884
Geburtsort
Lukawetz/Bukowina (Rumänien)
Weitere Familienmitglieder

Eltern: Simon Ruckenstein und Rebekka geb. Soicher
Geschwister: Emanuel, Michael
Ehefrau: Helene geb. Geffner
Kinder: Simon

Adresse

Promenadestraße 5b (alte Zählung) heute 24

Beruf/Ämter
Kaufmann, Gasthausbesitzer
Emigration/Deportation

Sommer 1935 emigriert nach Palästina

Sterbeort/Sterbedatum
Tzfat/Israel - Dezember 1949

Biografie


Bernhard Ruckenstein gehört zu den aus Osteuropa eingewanderten Juden, die in Bad Kissingen nur eine kleine Gruppe innerhalb der jüdischen Gemeinde bildeten. Er wurde am 17. April 1884 in Lukawetz in der Bukowina (Rumänien) als Sohn von Simon Ruckenstein und dessen Frau Rebekka geboren. Die Familie hatte 1903 Rumänien verlassen, vermutlich um in Deutschland bessere Lebensbedingungen zu finden. Dort Fuß zu fassen war offenkundig für die Familie nicht einfach, denn Bernhard Ruckenstein lebte jeweils nur relativ kurz in Stuttgart (1903 - 1905), Berlin (1905 - 1908), Plauen bei Kitzingen (1909), Nürnberg (1910 - 1915), Ingolstadt (1915 - 1919). Dort heiratete er im Juni 1919 Helene Geffner, die mit ihrer Familie 1902 aus Galizien eingewandert war und seit 1906 mit ihren Eltern in Bad Kissingen lebte.

Bernhard Ruckenstein zog nach der Hochzeit in die fränkische Kurstadt und wurde hier für längere Zeit sesshaft. Von Beruf Kaufmann und Gasthausbesitzer führte er eine streng koschere Gaststätte in der Promenadestraße, die vorwiegend von jüdischen Gästen aus dem In-und Ausland besucht wurde.  

Speisegastsstätte-GeffnerRuckenstein
In diesem Haus in der Promenadestraße 24 wohnte die Familie und Adeles Vater eröffnete hier eine "Israelitische Speisegaststätte".

Daneben war er auch - in welchem Zeitraum ist nicht exakt zu klären - an einem „Abzahlungsgeschäft in Kleinmöbeln und Wäsche“ in Nürnberg zusammen mit seinen Brüdern Emanuel und Michael beteiligt und besaß dort zeitweise ein Anwesen in der Knauerstraße 28 (vgl. Akte Einbürgerung Bernhard Ruckenstein 1929 und Widerruf1934, Stadtarchiv Bad Kissingen). Im März 1920 kam in Bad Kissingen Sohn Simon zur Welt.

Immer noch als rumänischer Staatsbürger stellte Bernhard Ruckenstein 1928 für die Familie einen Antrag auf Einbürgerung, der ein Jahr später von der unterfränkischen Regierung positiv beschieden wurde. Die Stadt Bad Kissingen hatte diesen Antrag unterstützt, die von Bürgermeister Pollwein unterzeichnete Erklärung wies darauf hin, dass Herr Ruckenstein gut deutsch spreche und auch sein Kind in deutscher Sprache erzogen werde, „dass er deutsch fühlt und auch für deutsche Belange ist“. In seinem Betrieb herrsche „peinlichste Ordnung. Ruckenstein will die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben, weil eben sein Kind eine deutsche Schule besucht und dasselbe in der Schule nicht als Ausländer behandelt werden will“ (Ebd). Auch die Schülerakte der Kissinger Realschule seines Sohnes lässt nachvollziehen, dass die Integration osteuropäischer Juden nicht einfach war und dieser Minderheit zweifellos auch mit Vorurteilen begegnet wurde, auch wenn sich die Familie bemühte, in die deutsche Gesellschaft integriert zu werden. Simons Eltern wollten ihrem Sohn eine höhere Schulbildung ermöglichen und meldeten ihn im Mai 1930 an der Kissinger Realschule an. In der 1. Klasse sind die Zeugnisbemerkungen durchwegs positiv. Im Lauf der nächsten Jahre - insbesondere auch nachdem sich die Situation für jüdische Schüler nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten verschlechtert - scheint Simon zunehmend  Schwierigkeiten an der Schule gehabt zu haben. In den Kommentaren der Lehrer spiegeln sich möglicherweise auch Vorurteile wider, wenn Simon sogar als „Streber“ abqualifiziert wird und den Eltern, „die der deutschen Sprache nicht vollständig mächtig sind“, unterschwellig der Vorwurf gemacht wird, „sie scheinen ihren Sohn unbedingt an der Spitze der Klasse sehen zu wollen“.

Angesichts des zunehmenden Antisemitismus mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten befasste sich die Familie schon frühzeitig mit Auswanderungsplänen. In Bernhard Ruckensteins Pass findet sich bereits für 1933 ein einjähriges Visum für Palästina, vielleicht hatte er sich einen Eindruck von der dortigen Situation verschaffen wollen. Es hat die Familie sicher auch hart getroffen, dass im März 1934 von der unterfränkischen Regierung die 1929 zugestandene Einbürgerung wieder rückgängig gemacht wurde und Simon und seinem Vater die deutsche Staatsbürgerschaft wieder aberkannt wurde. Und dies obwohl die Akten in dem Verfahren keinerlei Veranlassung dafür erkennen lassen. Laut Auskunft der Kissinger Polizei hatte die Familie „wenig Berührung mit einheimischer Bevölkerung, es kann daher auch nicht gesagt werden, dass [sie] sich unliebsam bemerkbar gemacht hätte“. Auch strafrechtlich lag nichts gegen sie vor und politisch habe sich Bernd Ruckenstein nicht betätigt. Dennoch verfügt die unterfränkische Regierung den Widerruf der Einbürgerung.  Daraufhin entschlossen sich die Ruckensteins nach Palästina auszuwandern. Am 15. Juli 1935 meldete sich die Familie nach Palästina ab.

Nachdem sie zunächst ein Jahr in Tel Aviv gelebt hatten, zogen sie nach Tzfat (Safed) im Norden Israels und eröffneten dort in guter alter Familientradition am Berg Canaan ein Restaurant, das sie später zu einem Resort-Hotel ausbauten. Bernhard Ruckenstein starb im Dezember 1949 in Tzfat, seine Frau Helene konnte noch die Geburt ihres Enkels Dov erleben und starb im Juli 1954.

Das Hotel „Ruckenstein B.“ wurde von Bernhard Ruckensteins Sohn Simon weitergeführt und auch seine Nachkommen haben die Familientradition fortgesetzt und betreiben die Hotelanlage bis heute. (Homepage The Safed Inn, Ruckenstein b&bexterner Link).

bernhard-ruckenstein
"Fremdenpass", April 1934, ausgestellt in Bad Kissingen

 


Quellenangaben


Meldeunterlagen der Stadt Bad Kissingen
Schülerakte Jack-Steinberger-Gymnasium
Einbürgerungsakte 1929 und Widerruf 1934, Stadtarchiv KG
Homepage Safed INN, Israel, Ruckenstein b&bexterner Link
Informationen des Enkels Dov Ruckenstein, Mail vom 12.11.2018

Bildnachweise


© Dov Ruckenstein, Tzfat (Safed)
Auszug Pass © Israel's archives are going onlineexterner Link



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