Personendaten


Schönwiesner Adolf

Nachname
Schönwiesner
Vorname
Adolf
Geburtsdatum
31.01.1883
Geburtsort
Budapest
Weitere Familienmitglieder

Eltern: Jakob Schönwiesner und Josefina geb. Friedner
Geschwister: Samu, József, Alexander, Julius, Anna
Ehefrau: Anna Karolina Koch
Kinder: Anna Maria, Marie, Alexander, Robert

Adresse

Hauptstraße 129 (Garitz)

Beruf/Ämter
Malermeister
Emigration/Deportation

März 1944 deportiert von Würzburg nach Auschwitz

Sterbeort/Sterbedatum
Auschwitz - 18.02.1945

Biografie


Der in Budapest geborene Adolf Schönwiesner lebte bis August 1943 in Bad Kissingen-Garitz in der Hauptstraße 129, verheiratet mit einer nichtjüdischen Garitzerin. Erst durch einen tragischen Umstand wurde den NS-Behörden seine jüdische Identität bekannt, was seine Verhaftung und Deportation zur Folge hatte.

Adolf Schönwiesner kam am 31. März 1883 als ältestes Kind von Jakob Schönwiesner und dessen Frau Josefina geb. Friedner in Budapest zur Welt, das damals noch zur k.u.k.-Monarchie Österreich gehörte. Er wuchs dort mit fünf jüngeren Geschwistern auf und machte nach der Volkschule zwischen 1895 und 1899 eine Lehre als Maler. Anschließend war er bei verschiedenen Malerfirmen in Budapest tätig und wurde schon mit 17 Jahren als Vorarbeiter eingesetzt. Kurze Zeit später, ca. 1901/1902, ging er nach Deutschland und fand in Stein bei Nürnberg eine Beschäftigung bei einer Malerfirma, wo er 6 -7 Jahre lang während der Sommermonate arbeitete. In den Wintermonaten war er ab 1903 in Bad Kissingen beschäftigt und wohnte in Garitz, das heute ein Stadtteil Bad Kissingens ist. Im Jahr 1906 ließ er sich in der Nürnberger Pfarrei St. Elisabeth taufen und trat in die katholische Kirche ein, vermutlich weil er in Garitz Anna Karolina Koch kennengelernt hatte und heiraten wollte. Sie war katholisch, und um die Ehe mit ihr zu ermöglichen, schien es ihm am besten, sich unauffällig und anonym katholisch in Nürnberg taufen lassen, so dass man in Garitz davon nichts mitbekommen hat.

Im Januar 1907 heiratete er Anna dann in Garitz und ließ sich in der katholischen Stadtpfarrkirche von Bad Kissingen trauen. Sie hatten fünf gemeinsame Kinder, von denen zwei allerdings bereits im Säuglingsalter starben. 1910 eröffnete Adolf Schönwiesner in Garitz ein Maler- und Tünchnergeschäft. Während des Ersten Weltkriegs diente er, der noch immer Staatsbürger der k.u.k.-Monarchie war, in der kaiserlichen und königlichen Armee Österreich-Ungarns und wurde auf der Verlustliste Nr. 262 als "verwundet" aufgeführt. Nach dem Krieg kehrte er nach Garitz zurück und führte als selbständiger Malermeister seine Firma erfolgreich weiter. Im Juni 1919 wurde ihm endlich die deutsche Staatsbürgerschaft verliehen. Adolf Schönwiesner war ein angesehener Handwerker in Garitz, der es mit seiner Familie zu einigem Wohlstand brachte. Sogar ein eigenes Telefon besaß die Familie - in der damaligen Zeit ein absoluter Luxusartikel.  Adolf Schönwiesner war sehr beliebt im Ort und hatte regelmäßig seine Stammtisch-Treffen und Kartenspiel-Runden. Schönwiesner war auch ein ausgesprochener Tüftler, der sich um die Konstruktion eines neuartigen Flugzeugs bemühte. Er nannte sein Modell "Doppeldecker Schönwiesner" und versuchte sogar, beim kaiserlichen Patentamt seine Entwicklung patentieren zu lassen, allerdings ohne Erfolg.

Adolf Schönwiesner wohnte auch nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten weiter in Garitz und seine jüdische Herkunft war offensichtlich weder den Behörden noch der Bevölkerung bekannt, vermutlich wussten nicht einmal seine Kinder davon. So blieb er auch von der Deportation der letzten Kissinger Juden im Jahr 1942 verschont. Er scheint aber angesichts seiner gefährdeten Situation eine mögliche Emigration ins Auge gefasst zu haben, denn im Dezember 1937 und nochmals im August 1939 besuchte er seine seit 1929 in New York lebende und inzwischen verheiratete Tochter Maria (Kleta) verh. Vaeth und trug sich mit dem Gedanken, in den USA zu bleiben. Laut Familienüberlieferung hatte er bereits die Genehmigung für einen dauerhaften Aufenthalt und eine Arbeitsgenehmigung. Doch tragischerweise kehrte er nach Deutschland zurück, vielleicht weil seine Frau nicht auswandern wollte.

Dass Adolf Schönwiesners jüdische Herkunft schließlich doch noch bekannt wurde, ist auf tragische Umstände zurückzuführen, die nicht bis ins letzte Detail aufgeklärt sind. Am 4. September 1943 wurde Schönwiesner auf Ersuchen des Kissinger Kreisleiters „wegen Urkundenfälschung“ in die Arrestzelle der Gemeindeschutzpolizei Bad Kissingen eingeliefert und am 6. September der Gestapoaußenstelle in Würzburg übergeben, die „Schutzhaft“ verhängte. Als sein ältester Sohn Alexander Anfang 1941 geheiratet und beim Standesamt seine arische Herkunft nachzuweisen hatte, hatte sein Vater auf seiner Geburtsurkunde den Hinweis auf die jüdische Religionszugehörigkeit wegretuschiert. Weshalb dieser Umstand den Behörden aber erst 1943 auffiel, ist schwer zu beantworten. Versuchte die Gemeinde Schönwiesner zu schützen? Oder fiel die gefälschte Urkunde erst auf, als Adolf Schönwiesners jüngster Sohn Robert, der ja offensichtlich von der jüdischen Herkunft seines Vaters nichts wusste, während des Zweiten Weltkriegs die Offizierslaufbahn einschlagen wollte und dafür den sog. „Ariernachweis“ benötigte. Vermutlich hat eine Garitzer Verwaltungsangestellte die Manipulation im Pass entdeckt und dies weitergeleitet, was dann die Gestapo auf Adolf Schönwiesners Spur brachte.

Adolf Schönwiesner gab bei den Gestapoverhören an, dass die offiziell in seiner Geburtsurkunde genannten jüdischen Eltern nur seine Pflegeeltern seien und seine leiblichen Eltern keine Juden gewesen seien. Inwieweit dies Schutzbehauptung oder Tatsache ist, lässt sich wohl kaum noch klären. Anträge auf Haftentlassung, um die nötigen Beweise in Ungarn zu besorgen, wurden von der Gestapo abgelehnt.

Schönwiesner wurde am 2. März 1944 mit einem Sammeltransport nach Auschwitz gebracht. Er war dort zunächst im KZ Auschwitz III Monowitz (welches speziell für die IG Farben und deren Industrie errichtet worden war), musste in der Janina-Kohlegrube arbeiten und war dann offensichtlich gesundheitlich nicht mehr in der Lage, die harte Zwangsarbeit zu verrichten und wurde von Mai bis Juni 1944 im Häftlingskrankenbau Auschwitz III - Monowitz behandelt. Ende September war Adolf Schönwiesner so geschwächt, dass er in das Vernichtungslager Auschwitz II-Birkenau überstellt wurde. Das Bundesarchiv gibt an, dass Adolf Schönwiesner am 18.02.1945 im Vernichtungslager Auschwitz "für tot erklärt" wurde. Eine Ermordung durch die Nationalsozialisten zu diesem Zeitpunkt ist auszuschließen, da die Rote Armee am 27. Januar mit der Befreiung des Lagers begonnen hatte und die Nationalsozialisten bereits in den Tagen zuvor Zehntausende von Häftlingen auf sog, „Todesmärsche“ geschickt hatte. Adolf Schönwiesner gehörte allerdings zu den 7500 Häftlingen, die zu krank oder zu schwach für diese Märsche waren und deshalb im Lager zurückblieben. Von den Überlebenden starben trotz der medizinischen Versorgung und der wiedereinsetzenden ausreichenden Verpflegung beispielsweise etwa 200 Menschen innerhalb der nächsten Tage und Wochen. Grund dafür war die zu weit vorangeschrittene Entkräftung, der auch Adolf Schönwiesner am 18. Februar 1945 zum Opfer fiel. Er starb im Feldlazarett des Polnischen Roten Kreuzes in Birkenau und wurde zusammen mit 700 anderen verstorbenen Häftlingen von der Sowjetarmee in einem Massengrab bestattet, das heute als Gedenkstätte zugänglich ist.

Auch Adolf Schönwiesners beide Söhne wurden verhaftet. Robert Schönwiesner, der sich als Freiwilliger zur Luftwaffe gemeldet hatte und Offizier werden wollte, wurde als „Mischling 1. Grades“ aus der Wehrmacht entlassen. Alexander und Robert wurden 1944 in einem Konzentrationslager (vermutlich im KZ Gross-Rosen) inhaftiert, konnten aber nach Roberts Angaben mit zwei weiteren Häftlingen im Frühjahr 1945 fliehen. Robert und seine Mutter wanderten im Juli 1947 in die Vereinigten Staaten aus. Im Dezember 1949 kehrte Anna Karolina nach Garitz zurück. Sie starb dort am 4. Oktober 1974 im Alter von 90 Jahren.

Adolf Schönwiesners jüngerer Bruder Alexander (Sandor) wanderte nach dem Ersten Weltkrieg nach Uruguay aus. Seine Nachkommen leben heute in Uruguay, Argentinien und Spanien. Sein Bruder Julius (Gyulia) wurde mit seiner Familie von Budapest nach Auschwitz deportiert. Gyulias Ehefrau Roza Erdei, geborene Weisz wurde dort sofort in die Gaskammer geschickt. Er und seine Kinder überlebten und Gyulia wanderte mit seinem Sohn David nach dem Krieg nach Israel aus. Gyulias Tochter Edith blieb in Budapest (Informationen Christian Schönwiesner, Mail vom 07.11.2020).

Familie-Adolf-Schönwiesner
Familie Schönwiesner im Hofe ihres Garitzer Anwesens, Anfang der 1930er-Jahre: von links Alexander (Alfons), Adolf, Robert, Anna Karolina
Foto-Weihnachten-Adolf
Weihnachten 1932 im Familienkreis: hintere Reihe von links: Adolf, rechts neben ihm sitzend seine Schwiegermutter, die Tochter Maria (Kleta) (5. v. links) und Anna Karolina, Adolfs Ehefrau (ganz rechts) vorne sitzend von links: Alexander (Alfons) und der 11 Jahre jüngere Robert (vermutlich neben ihm)
655_schönwiesner
SANDOR-UND-GYULIA--schonwiesner-am-1916-ARMY-REG-INF-Nr-32-COMP-1-KNK-(002)
Adolf Schönwiesners jüngere Brüder: Alexander (Sandor), der nach Uruguay auswanderte, und Julius (Gyulia), der Auschwitz überlebte und dann nach Israel auswanderte


Quellenangaben


Bildnachweise


Porträtfoto: Yad Vashem, Bildarchiv, P257953
Familienfoto im Hof des Anwesens in Garitz © Stephen Schönwiesner
Weihnachtsfoto 1932 und Foto von Adolf jüngeren Brüdern © Christian Schönwiesner
Werbeannnonce, Kissinger Adressbuch 1925/27



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