Personendaten


Schwab Ruth

Nachname
Schwab
Geburtsname
Löwenthal
Vorname
Ruth
Geburtsdatum
15.06.1893
Geburtsort
Bad Kissingen
Weitere Familienmitglieder

Eltern: Abraham Simon und Gitta Löwenthal geb. Haas
Geschwister: Selma, Martha verh. Spier
Ehemann: Martin Schwab  
Kind: Henry (Hans)

Adresse

Ludwigstraße 4 (heute 11)

Beruf/Ämter
Emigration/Deportation

Juli 1938 emigriert in die USA

Sterbeort/Sterbedatum
USA - 23.08.1976

Biografie


Ruth Schwab geb. Löwenthal kam am 15.Juni 1893 als Tochter des Bankiers Abraham Simon Löwenthal und dessen Frau Gitta geb. Haas in Bad Kissingen zur Welt. Die Ursprünge der angesehenen Familie lassen sich in Bad Kissingen bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts zurückverfolgen. Ruth lebte mit ihrer Familie in der Ludwigstraße 4 (heute Nr. 11) über der Bank des Vaters, die sich im Erdgeschoss befand. Ihr Vater war ein angesehener Bürger, dem am 18. November 1893 vom Bad Kissinger Magistrat das Bürgerrecht verliehen wurde. Er war maßgeblich am Bau der Neuen Synagoge in der Maxstraße beteiligt und engagierte sich als zweiter Kassierer für die israelitische Kinderheilstätte in der Salinenstraße. Er starb am 16. Februar 1920. Ruths Mutter überlebte ihn um sieben Jahre (Binder, Cornelia; Mence, Michael: Last Traces/Letzte Spuren von Deutschen jüdischen Glaubens im Landkreis Bad Kissingen, Binder/Mence 1992, S. 90).

Ruth Löwenthal war Mitglied in der Bad Kissinger Sektion des Roten Kreuzes. Während des Ersten Weltkriegs war sie lange Zeit als Kriegspflegerin im Reserve-Lazarett Bad Kissingen tätig. Ihr Vorgesetzter, Stabsarzt Dr. Edgar Apolant, hob in seinem Zeugnis vom 16. August 1916 ihr Engagement, ihre Zuverlässigkeit und Gewissenhaftigkeit hervor: „Die Kriegspflegerin Ruth Loewenthal ist vom 11.November 1914 bis 15. August d. J. auf der mir unterstellten Abteilung des hiesigen Reserve-Lazaretts ununterbrochen tätig gewesen. Sie hat sich als außerordentlich zuverlässig und gewissenhaft in der Ausübung der übernommenen Pflichten gezeigt und ihre Arbeit stets gerne getan. Im Verkehr mit den erkrankten Mannschaften ist sie stets freundlich gewesen und hat für die ihr überwiesenen Patienten in stets gleichmäßiger Weise auf das Beste gesorgt. Sie hat ihre Stellung freiwillig aufgegeben, um sich als Laborantin auszubilden (Binder, Cornelia; Mence, Michael, S.142). 1917 war sie an der renommierten Königlichen Charité in Berlin als Laborantin tätig. Für ihre besonderen Verdienste in der Verwundetenbetreuung sprach ihr im Auftrag von König Ludwig III. das Bayerische Kriegsministerium im März 1917 seine besondere Anerkennung aus: „Seine Majestät König Ludwig III. haben Sich Allergnädigst bewogen gefunden der Bankierstochter Ruth Loewenthal in Bad Kissingen das König Ludwig-Kreuz für Heimatverdienste während der Kriegszeit zu verleihen. Dies wird im Allerhöchsten Auftrage beurkundet“ (Ebd.).

Ruth Löwenthal heiratete im März 1921 in Bad Kissingen den Kaufmann Martin Schwab und zog mit ihm in seine Heimatstadt Neustadt an der Aisch. Dort kam im April 1922 ihr Sohn Hans zur Welt. Ihr Ehemann Martin Schwab war Miteigentümer der Familienfirma "Gebrüder Schwab" in Neustadt und Würzburg. Allerdings mussten die Schwabs unter dem Druck der Nationalsozialisten schließlich ihr Wäschegeschäft verkaufen (vgl. Vdeo Stolpersteine Neustadt/Aisch).

Ruths Sohn Hans besuchte die Realschule in Neustadt, erlebte aber schon bald nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten die Ausgrenzung und Diskriminierung in seiner Heimatstadt. Der Vater eines Schulfreundes veranlasste beispielsweise, dass Hans auf dem Klassenfoto wegretuschiert wurde, weil er nicht wollte, dass sich ein Jude auf dem Klassenfoto seines Sohnes befand. Und bereits im Juni 1934 wurde Hans wie andere jüdischen Schüler der Neustädter Realschule verwiesen (Ebd.). In einem Interview mit der Shoa-Foundation aus dem Jahr 1996 erinnerte sich Hans (Henry) Schwab, dass Ihr "jüdischer" Hund von anderen Kindern mit Steinen beworfen wurde, und ihn selbst verspottete man wegen seiner gelockten Haare als  „jüdischen Negerkopf".

Auch Ruths Mann Martin erfuhr schon früh die Repressionen der Neustädter Nationalsozialisten. Im April 1933 verhängte man über ihn die sog. „Schutzhaft", weil er er angeblich einen Brief an die britische Zeitung "Times" darüber über den Boykott jüdischer Geschäfte informiert habe. Diese Vorfälle wurden von der Familie frühzeitig als bedrohliche Entwicklung erkannt, so dass man sich mit den Verwandten der Schwab-Familie in den USA Gedanken über eine Emigration machte.  

Ruth und ihr Mann fassten den Entschluss, zunächst ihren Sohn, der zunehmend unter der Ausgrenzung in Deutschland litt, in die USA zu schicken. Im August 1936 brachten sie den damals 14-Jährigen nach Hamburg, verbrachten noch ein paar Tage gemeinsamen Urlaub mit ihm auf Helgoland und brachten ihn dann in Hamburg an Bord der „SS Columbus". In den USA wohnte er in einer jüdischen Gastfamilie. Auch die Eltern planten eine spätere Emigration. Im Jahr 1937 besuchte Martin Schwab seinen Sohn und traf dort Vorbereitungen für ihre Ausreise.

Im Juli 1938 gelang Ruth und ihrem Mann die Ausreise in die USA, nachdem sie sich noch einige Tage bei Ruths Verwandtschaft in Bad Kissingen aufgehalten hatten, ihre beiden Schwestern Selma und Martha wurden jedoch Opfer der Shoa.

Seit Herbst1938 wohnte die ganze Familie wieder zusammen in einer kleinen Wohnung in der Bronx in New York City. Für die Familie war der Neuanfang schwer: Martin Schwab, bisher Textilkaufmann, musste jetzt als Reinigungskraft in einem New Yorker Kaufhaus arbeiten und Ruth verdiente durch Babysitten noch etwas dazu. Ihr Sohn, der sich jetzt Henry nannte, besuchte nach Abschluss der Highschool die „New York Food Trade High School" und erlernte das Bäckerhandwerk.

Während des Krieges trat Henry in eine spezielle Einheit der US-Armee ein („Army Intelligence Unit“), in der sich hauptsächlich jüdische Soldaten, insbesondere Flüchtlinge aus Deutschland befanden, die besondere Aufgaben erfüllten, beispielsweise die Planung und Durchführung des „D-Days“ in der Normandie oder die Aufdeckung nationalsozialistischer Kriegsverbrechen. Er hielt sich 1945 als GI auch kurz in Würzburg auf und unternahm auch einen kurzen Abstecher in seine Geburtsstadt Neustadt/Aisch. Im Interview mit der Shoa Foundation beschrieb er das Gefühl der Bitternis und Leere, das er bei diesem Besuch empfunden hatte, so dass er nie wieder in seine Geburtsstadt zurückgekehrt sei.

 Ruth Schwab beantragte nach dem Krieg im Wiedergutmachungsverfahren die Rückerstattung des Wohn- und Geschäftshauses in der Ludwigstraße 4. Ruth und ihre beiden Schwestern hatten das Anwesen von ihren verstorbenen Eltern geerbt und mussten es im September 1938 unter Wert für 80 000 RM verkaufen. In einem Vergleich mit dem neuen Besitzer einigte sich Ruth Schwab im September 1951 auf eine Abfindung ihrer Ansprüche. Sie erhielt 60 000 DM und die neuen Besitzer blieben Eigentümer des Hauses.

Ruth Schwab starb am 23. August 1976 in den Vereinigten Staaten im Alter von 83 Jahren, ihr Mann Martin war bereits im November 1959 in Norfolk im Bundesstaat Massachusetts gestorben.

Aus dem Fotoalbum:


Quellenangaben


Bildnachweise


Personenfotos © Sammlung Mence
Geschäft Gebrüder Schwab © Stadtarchiv Neustadt a.d. Aisch



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