Personendaten


Wahle Siegfried, Dr.

Nachname
Wahle
Vorname
Siegfried
Geburtsdatum
05.07.1869
Geburtsort
Uehlfeld/Aisch
Weitere Familienmitglieder

Eltern: Louis Wahle und Bertha geb. Hahn
Geschwister: Albert
Ehefrau: Johanna geb. Frank
Kinder: Anna und Kurt

Adresse

Ludwigstraße 9 (heutige Zählung)

Beruf/Ämter
Sanitätsrat, praktischer Arzt und Badearzt
Emigration/Deportation

November 1941 deportiert von Frankfurt nach Kowno (Kauen)

Sterbeort/Sterbedatum
Kowno (Kauen) Fort IX - 25.11.1941

Biografie


Dr. Siegfried Wahle wurde am 5. Juli 1869 in Uehlfeld an der Aisch geboren. Seine Eltern waren in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in die mittelfränkische Gemeinde gezogen. Die jüdische Gemeinde in Uehlfeld war - gemessen an der Einwohnerzahl von 600 - recht groß. So unterhielt sie eine Synagoge, eine jüdische Schule sowie einen Friedhof, dessen Grabsteine noch heute zu sehen sind. Sein Medizinstudium an den Universitäten München und Erlangen schloss Wahle im Jahr 1893 mit seiner Dissertation „Ueber die Methoden der Craniometrie“ ab, in der er sich mit verschiedenen Anwendungen der Schädel- und Knochenvermessung auseinander setzte - kurioserweise ein wissenschaftlicher Ansatz, der auch von den Nationalsozialisten für rassenideologische Theorien instrumentalisiert wurde.

Am 27. März 1902 zog er um nach Bad Kissingen und wohnte hier zunächst in der Ludwigstraße 14. Bereits im Jahr 1905 ließ er sich für den drei Jahre zuvor in der Kurstadt gegründeten Liberalen Verein, einen Vorläufer der FDP, als Kandidat für die Landtagswahl aufstellen. Nach einem Umzug in die Kurhausstraße 4 war er vom 30. Mai 1913 bis zum 3. Oktober 1938 in der Ludwigstraße 3 (heute Nr. 9) gemeldet. Nach der Hochzeit mit Johanna Frank wurden am 5. Mai 1907 der Sohn Kurt und am 24. Oktober 1908 die Tochter Anna in Bad Kissingen geboren. Am 26. August 1921 verstarb Tochter Anna mit nur zwölf Jahren. Der Grieben Reiseführer „Kissingen und seine Umgebung“ führte Wahle 1935 als Generaloberarzt der Reichswehr und Sanitätsrat auf. Seine täglichen Sprechstunden in seiner Praxis Ludwigstraße 3 wurden in der Kurliste veröffentlicht.

Im Jahr 1938 verließ er zusammen mit seiner Frau Bad Kissingen und bezog in Frankfurt am Main eine Wohnung in der Hamannstraße 21. Wahle war Mitglied der Frankenloge XXXIV (34) in Würzburg, die der jüdischen Organisation U.O.B.B. (Unabhängiger Orden Bne Briss; dt.: „Söhne des Bundes“) nahe stand und sich für die Verbreitung von Wissen um die jüdische Religion einsetzte. Außerdem widmete er sich dem Abbau von Vorurteilen gegenüber Juden sowie der Förderung der Rechte von Juden und dem Verständnis des Judentums. Siegfried Wahle setzte sich nicht nur in seiner Eigenschaft als Arzt aktiv für Toleranz und Humanität im Umgang der Menschen untereinander ein. Nicht zuletzt seine Tätigkeit für den UOBB war den Nationalsozialisten ein Dorn im Auge. Aktivisten wie Siegfried Wahle wurde Volksverhetzung und Untergrabung der deutschen Staatlichkeit vorgeworfen. Unter dem Druck der Nationalsozialisten versuchte Siegfried Wahle mit seiner Frau in die USA zu emigrieren, was jedoch mangels finanzieller Möglichkeiten und wegen strenger amerikanischer Visumauflagen scheiterte. Ein Jahr nach Wahles vergeblichem Versuch der Emigration in die Vereinigten Staaten starb seine Frau Johanna am 5. November 1940 in Frankfurt, wo sie auf dem Jüdischen Friedhof in der Eckenheimer Landstraße 238 ihre letzte Ruhestätte fand.

Dr. Siegfried Wahle wurde am 22. November 1941 von Frankfurt nach Kowno (Kauen) deportiert. Nur drei Tage später wurde er dort zusammen mit fast 3000 Menschen im Fort IX erschossen.

(Tobias Schlör; mit geringfügigen Änderungen)


Quellenangaben


Bildnachweise


© Hartwig Heymann



Zurück zur Liste