Personendaten


Herzberg Recha

Nachname
Herzberg
Geburtsname
Mannes
Vorname
Recha (Rosalie)
Geburtsdatum
31.05.1906
Geburtsort
Schwabach
Weitere Familienmitglieder

Eltern: Dr. Salomon Mannes und Klara geb. Jacobi
Geschwister: Julius, Bertha, Abraham Hillel, Israel, Moses, Roesel (Ruth)
Ehemann: Abraham Alfred Herzberg
Kinder: eine früh verstorbene Tochter, Michael Jaakov und ein weiterer Sohn

Adresse

Am Altenberg 2 (Israelitisches Kurhospiz)

Beruf/Ämter
Volontärin, Altenpflegerin
Emigration/Deportation

emigriert im September 1933 nach Palästina

Sterbeort/Sterbedatum
Israel - 1982

Biografie


Recha (Rosalie) Herzberg geb. Mannes arbeitete als Angestellte im Israelitischen Kurhospiz und hielt sich nur kurze Zeit in Bad Kissingen auf. Sie kam im Mai 1906 als Tochter von Dr. Salomon Mannes und dessen Ehefrau Klara geb. Jacobi im mittelfränkischen Schwabach zur Welt und wuchs zusammen mit sechs Geschwistern in einer kinderreichen Familie auf. Rechas Eltern stammten aus der früheren preußischen Provinz Posen (seit 1919 polnisch). Sie hatten sich am Lehrer- und Rabbinerseminar in Berlin kennengelernt, an dem Klara studierte und ihr späterer Ehemann lehrte. Nach der Jahrhundertwende zogen sie nach Schwabach. Rechas Vater war von 1903 bis zur Auflösung des Rabbinats im Jahr 1932 Distriktsrabbiner von Schwabach/Fürth und damit für neun Kultusgemeinden in der Umgebung verantwortlich und zudem viele Jahre Landesrabbiner. Zugleich leitete er die dortige Talmud-Tora-Schule.

Im Mai 1927 kam Recha nach Bad Kissingen und arbeitete für eine Kursaison als Volontärin im gerade eröffneten Israelitischen Kurhospiz am Altenberg. Diese Einrichtung war vor allem auf Betreiben des Bad Kissinger Rabbiners Dr. Seckel Bamberger entstanden, den Rechas Vater als Amtskollegen vermutlich kannte, und die Ausbildung in einem solchen Hause entsprach sicher ganz den Vorstellungen ihres religiös geprägten Elternhauses. Bereits im Oktober 1927 zog Recha wieder nach Schwabach zurück. Offensichtlich empfand Recha die Ausbildung in Bad Kissingen als positiv, denn in der darauffolgenden Kursaison absolvierte auch ihre jüngere Schwester Bertha ein Volontariat im Israelitischen Kurhospiz.

Wenige Jahre später lernte Recha den in Fürth geborenen Abraham Alfred Herzberg kennen, der eine Ausbildung zum kaufmännischen Angestellten absolviert hatte. Beide heirateten im März 1932 in Schwabach und wenn es nicht zur Ausgrenzung und Verfolgung der jüdischen Bevölkerung gekommen wäre, hätte Alfred Herzfeld sicher eine führende Position in der Textilfirma seines Vaters übernommen. Doch der massive Antisemitismus der örtlichen Nazis schon vor der Machtübernahme der Nazis machte dem jungen Paar klar, dass sie in Deutschland keine Zukunft mehr hatten. Sie entschlossen sich frühzeitig zur Auswanderung nach Palästina, wobei die Realisierung aufgrund der restriktiven Einwanderungsbestimmungen der britischen Mandatsbehörden nur auf einem überaus kreativen Weg zu bewerkstelligen war. Zusammen mit etwa 20 Verwandten und Freunden wurde ein Plan zur Auswanderung geschmiedet. Die jungen Männer gründeten zusammen eine Fußballmannschaft, die "Hakoach Nürnberg", und begaben sich mit ihr auf eine Auslandsreise ins östliche Mittelmeergebiet. Nach Freundschaftsspielen in Griechenland und auf Zypern durften sie auch für einige Spiele nach Palästina einreisen. Nach ein paar Spielen verschwanden sie spurlos in einem deutschen Kibbuz. Es gelang ihnen jedoch nach kurzer Zeit, legal an Dokumente zu kommen und schließlich auch ihre Familien ins Land zu holen. Recha Herzberg traf bereits im September 1933 mit dem Schiff "Martha Washington" in Haifa ein.

Die ersten Jahre nach der Emigration lebten die Herzbergs in Petach Tikwa, wo sich damals viele jüdische Familien aus Mittelfranken niedergelassen und eine jüdische Gemeinde gegründet hatten.  Rechas Ehemann errichtete eine deutsche Synagoge und übte das Amt eines Kantors aus. Arbeit fand er zunächst als Maler und Arbeiter in den Orangenplantagen der Umgebung. 1938 kam ihr erster Sohn Michael Jaakov zur Welt. Ihr erstes Kind, eine Tochter, starb einige Jahre später, bereits im Kindesalter, an einer Krankheit. 1941 zog die Familie nach Jerusalem, wo Alfred Herzberg bis zu seiner Pensionierung als Bäcker arbeitete. Die Herzfelds wohnten im jüdischen Viertel der Altstadt. In der Familie unterhielt man sich zunächst weiterhin auf Deutsch.

Nachdem die Herzbergs die schwere Zeit des ersten Arabisch-Israelischen Krieges (1947 - 1949) überstanden hatten, drängte Recha darauf, ihre Eltern zu besuchen, die sie seit ihrer Auswanderung im Jahr 1933 nicht mehr gesehen hatte. Salomon und Klara Mannes waren 1935, als der Antisemitismus in der mittelfränkischen NS-Hochburg unerträglich geworden war, von Schwabach nach Frankfurt gezogen und flohen am 9. November 1938, dem Tag des Novemberpogroms, nach England. Dr. Salomon Mannes unterrichte später an der wohl bekanntesten europäischen jüdischen Hochschule (Jeschiwa) in Gateshead. 1949/1950 fuhr Recha mit ihren beiden Söhnen für ein halbes Jahr nach London, wo ihre Eltern und ein Onkel lebten. Zwei Jahre später - anlässlich der Bar Mitzwa von Rechas ältestem Sohn Michael Herzberg - kamen Rechas Eltern für einige Zeit nach Israel. Salomon Mannes starb 1960 hochbetagt mit 88 Jahren, Rechas Mutter Klara überlebte ihn noch um 10 Jahre.

Recha Herzberg war auch in Israel im Pflegeberuf tätig und betreute deutschsprachige Senioren. Sie starb 1982 im Alter von 76 Jahren an einem Herzinfarkt. Ihr Mann Alfred wurde 90 Jahre alt, er starb 1996 in einem Pflegeheim.

Auch alle Geschwister Rechas konnten rechtzeitig vor der Verfolgung und Ermordung durch die Nationalsozialisten fliehen. Ihre Geschwister Julius und Bertha emigrierten wie sie nach Palästina, Abraham (Hillel) und Israel gingen in die Vereinigten Staaten und die jüngsten Geschwister Moses und Ruth flohen nach England.

Die Rabbiner-Tradition der Familie Mannes/Herzberg lebt bis heute fort. In der weitverzweigten Verwandtschaft fühl(t)en sich immer wieder junge Männer zu diesem Dienst berufen, beispielsweise zwei Söhne Salomon Mannes und drei aus der Enkelgeneration. Rechas Sohn Michael Herzberg, der sich seit seiner Militärzeit Michael Jaakov Bar-Lev nannte, studierte vier Jahre lang an der Gateshead Yeshiva (Gateshead Talmudical College), der größten Jeschiwa Europas, an der auch sein Großvater unterrichtet hatte, dem sich sein Enkel in besonderer Weise verbunden fühlte. Bar-Lew war lange Jahre als Lehrer und Rabbiner in Netanja, Hadera und Tel Aviv tätig. Mit 69 Jahren, also in einem Alter in dem die meisten Menschen ihren Ruhestand genießen, entschloss sich Rechas Sohn zu einem ungewöhnlichen Schritt. Es zog ihn nach Deutschland, ins Land seiner Eltern und Großeltern, und er wurde 2007 Rabbiner in Pforzheim. Bis 2021 übte er dieses Amt aus, war die geistliche Autorität und das Gesicht der Jüdischen Gemeinde Pforzheims und setzte sich engagiert im "Rat der Religionen Pforzheim" für den interreligiösen Dialog mit Muslimen und Christen ein. Nach 14 Jahren Dienst in der Jüdischen Gemeinde Pforzheim verabschiedete sich der inzwischen 83-Jährige in den Ruhestand und ging mit seiner Frau wieder zurück nach Israel.

Wer mehr über das ungewöhnliche Leben von Rechas Sohn und seiner Familie erfahren will, dem sei Thorsten Trautweins Artikel „Ich stamme aus einer Rabbinerfamilie“ – Der Pforzheimer Rabbiner Michael Jaakov Bar-Lev"externer Link empfohlen, der in weiten Teilen auch Grundlage dieser Biografie ist.

Reacha-und-Alfred-Herzberg
Recha Herzberg geb. Mannes und ihr Ehemann Alfred
Michael Ber-Lev 2
Rabbiner Bar-Lev mit Tallit (Gebetsmantel) und Siddur (Gebetsbuch) in der Pforzheimer Synagoge, 14.08.2015. Quelle: Foto Gerhard Ketterl, Pforzheimer Zeitung.


Quellenangaben


Bildnachweise


© Michael Jaakow Bar-Lev
Foto Rabbiner Barlev © Gerhard Ketterl, Pforzheimer Zeitung.



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