Personendaten


Kemter Maria

Nachname
Kemter
Geburtsname
Mohr
Vorname
Maria
Geburtsdatum
02.09.1905
Geburtsort
Nürnberg
Weitere Familienmitglieder

Eltern: Dr. Gustav Mohr und Therese geb. Guttmann
Ehemann: Fritz Kemter
Kinder: Johannes, Franz-Lukas, Elisabeth, Christian, Christoph

Adresse

Salinenstraße 34

Beruf/Ämter
Kinderbetreuerin ("Hortnerin")
Emigration/Deportation
Sterbeort/Sterbedatum
Freiburg - 17.02.1977

Biografie


Maria Kemter geb. Mohr hielt sich nur einige Jahre in Bad Kissingen auf und  wohnte und arbeitete in dieser Zeit in der Israelitischen Kinderheilstätte in der Salinenstraße.

Sie kam im September 1905 als Tochter von Dr. Gustav Mohr und dessen Frau Therese geb. Guttmann in Nürnberg zur Welt. Ihr Vater, ein gebürtiger Schweinfurter, hatte in Würzburg Medizin studiert, war dort Mitbegründer der jüdischen Burschenschaft "Salia" und zog nach erfolgreicher Approbation nach Nürnberg. Er trug den Titel Sanitätsrat und war als Kinderarzt in Nürnberg tätig, wo er auch die ersten Mütterberatungsstellen einrichtete.

Er kannte sicher den guten Ruf der Bad Kissinger Israelitischen Kinderheilstätte, in der auch seit Jahren eine große Zahl Nürnberger Kinder Erholung fand, und schickte 1924 seine achtzehnjährige Tochter als Kindergärtnerin (Hortnerin") in die Badestadt. Auch während der Kursaison 1925 und 1927 arbeitete Maria Mohr nochmals in der Kinderheilstätte. Ende August 1927 meldete sie sich endgültig aus Bad Kissingen ab.

Vermutlich um 1930 in Nürnberg lernte Maria Mohr den 1910 in Chemnitz geborenen Gold- und Silberschmied, Emailleur und Bildhauer Fritz Kemter kennen, der mit vierzehn Jahren nach Nürnberg an die Nürnberger Kunstgewerbeschule ging und ab 1930 an die Vereinigte Staatsschule für freie und angewandte Kunst in Berlin. Studienreisen führten ihn nach München, Stuttgart und Paris. Nähere Details zu seinem künstlerischen Werdegang finden Sie auf der Website "Fritz Kemter Archiv"externer Link. Maria zog mit ihm nach Berlin, wo Fritz Kemter die Meisterklasse besuchte.  

Fritz Kemter war Nichtjude, und um dem drohenden Verbot der Eheschließung mit jüdischen Ehepartnern zuvorzukommen, heiratete er im Mai 1933 Maria Mohr. Er war überzeugter Christ und hielt trotz zunehmender Schikanen der Nationalsozialisten auch weiterhin zu ihr. 1934 zog die junge Familie - im März hatte Maria ihren ersten Sohn Johannes zur Welt gebracht - nach Freiburg im Breisgau. Fritz eröffnete dort eine Werkstatt als Gold- und Silberschmied.

1938 wurde er aus der Reichskammer der bildenden Künste ausgeschlossen, weil er mit einer Jüdin verheiratet war. Somit war ihm jegliche künstlerische Tätigkeit verboten, und es begannen schwere Jahre, geprägt von regelmäßigen Besuchen der Gestapo und finanziellen Nöten. Dennoch gelang es Kemter 1939 noch, die Meisterprüfung zu machen (vgl. Fritz Kemter Archiv/Presse/Mahner gegen die Verarmung der Fantasieexterner Link). Maria und ihr Mann betrieben eine kleine Landwirtschaft auf ihrem Grundstück in Littenweiler, einem südöstlichen Stadtteil Freiburgs am Rande des Schwarzwaldes, von der die Familie in den folgenden Kriegsjahren mehr schlecht als recht lebte. Auch Freunde unterstützten sie in dieser schweren Zeit. Die Kinderschar um Maria und Fritz war bis Kriegsende auf fünf angewachsen: Franz Lukas (*1936), Elisabeth (*1939), Christian (*1941) und Christoph (*1944).

Ausschluss-aus-der-Reichskulturkammer

Wenigstens blieb Maria durch den Status der "privilegierten Mischehe" von einer Deportation verschont, anders als ihre Mutter Therese, die im August 1942 nach Theresienstadt deportiert wurde und dort im Dezember 1942 im Alter von 70 Jahren an den unmenschlichen Bedingungen im Lager starb. Ihre Eltern hatten die letzten Lebensjahre in Freiburg verbracht. Gustav Mohr war bereits im Mai 1937 in Freiburg gestorben.

Doch auch Marias Leben hing im letzten Kriegsjahr am seidenen Faden. Sie sollte nämlich im Spätwinter/Frühjahr 1945 doch noch deportiert werden. Ihr Mann war inzwischen zum "Volkssturm" eingezogen worden und laut Familienüberlieferung wurde Maria „im Beisein ihrer fünf Kinder, von der Gestapo “abgeholt” und im Gefängnis in Freiburg festgehalten. Sie sollte mit dem letzten “Transport” noch in ein KZ gebracht werden. Der Erzählung nach scheiterte dies daran, dass in der Nacht vor Abfahrt des Transports die Eisenbahngleise um Freiburg bombardiert wurden und dies den Abtransport verhinderte. Die Kinder (weil “Mischlinge") wurden in ein Kinderheim verbracht" (Informationen von Marias Enkel Georg Kemter, Mail vom 8. Februar 2024). Die beiden ältesten Söhne, Johannes und Lukas flohen aber aus dem Heim, weil sie sich für die Landwirtschaft ihrer Eltern verantwortlich fühlten. Wenige Tage später kam Fritz Kemter verletzt von der Front zurück und erfuhr, dass sich seine Frau in Gestapohaft befand. Ohne lange über mögliche Folgen seines Handelns nachzudenken, suchte er sofort nach seiner Rückkehr das Gestapogefängnis auf, und es gelang ihm unter Einsatz seines Lebens, seine Frau dort herauszuholen. Nach Familienüberlieferung war Fritz Kemter so erbost über die Verhaftung seiner Frau, dass er - gestützt auf seine Krücken - die Gestapostelle aufsuchte und dem Wachhabenden androhte, ihn umzubringen, wenn seine Frau nicht innerhalb 24 Stunden wieder zuhause wäre. Dass Fritz Kemters Intervention erfolgreich war und er für sein Handeln nicht mehr von den NS-Verantwortlichen bestraft wurde, lag wohl daran, dass sich das NS-System bereits in Auflösung befand und nur wenige Tage später - am 21. April - die französische Armee die Stadt besetzte (Informationen G. Kemter).

Nach dem Krieg konnte Fritz Kemter endlich wieder seiner künstlerischen Tätigkeit nachgehen und den Lebensunterhalt für seine Familie bestreiten. Die französische Besatzungsmacht wählte  Kemter 1949 mit anderen Kollegen in einen Verbund von Werkstätten zur Förderung und Pflege europäischer Kunst und Kultur, was ihm zahlreiche öffentliche Aufträge einbrachte. Seit dieser Zeit beschäftigte ihn insbesondere die Kunst des Emaillierens.

Maria Kemter löste sich nach ihrer Heirat von der in ihrem Elternhaus ausgeprägten jüdischen Religiosität und wandte sich wie ihr Mann zunehmend der anthroposophischen Weltanschauung zu. Fritz Kemter starb im April 1974 in Freiburg und Maria überlebte ihren Mann noch um drei Jahre. Sie starb im Februar 1977 im Alter von 71 Jahren.

Grabstein-Maria-und-Fritz-Kemter

Aus dem Fotoalbum:


Quellenangaben


Bildnachweise




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