Personendaten


Bonne Meta (Miriam)

Nachname
Bonne
Geburtsname
Hönlein
Vorname
Meta (Miriam)
Geburtsdatum
09.06.1905
Geburtsort
Nürnberg
Weitere Familienmitglieder

Eltern: Jakob Michael Hönlein und Hannchen geb. Schlachter
Ehemann: Martin Bonne
Kinder: Beatrice verh. Sichel, Jakob (Jack) Nathan

Adresse

Salinenstraße 34

Beruf/Ämter
Kindergärtnerin
Emigration/Deportation

1938/39 emigriert nach Kuba
1939 Einreise in die USA

Sterbeort/Sterbedatum
New York - 01.09.2005

Biografie


Meta (Miriam) Bonne geb. Hönlein wohnte in den Sommermonaten 1926 und 1927 in Bad Kissingen und arbeitete als Kindergärtnerin in der Israelitischen Kinderheilstätte.

Sie kam im November 1905 als zweites Kind von Jakob Michael Hönlein und dessen Frau Hannchen geb. Schlachter in Nürnberg zur Welt, ein Jahr nachdem ihr Bruder Joseph  (1904 - 1998) geboren wurde. Metas Vater stammte aus Ermreuth im Landkreis Forchheim und war von Beruf Metzger. 1903 hatte er in Ansbach die aus Braunsbach (Gemeinde in der fränkischen Region Hohenlohe im Landkreis Schwäbisch Hall in Baden-Württemberg) stammende Hannchen Schlachter geheiratet und zog mit ihr nach Nürnberg. Im Stadtzentrum, in der Kohlengasse, besaß die Familie ein Wohnhaus, in dessen Erdgeschoss sich die koschere Metzgerei Jakob Hoenleins befand, deren Kunden im wesentlichen die Mitglieder der orthodoxen jüdischen Gemeinde waren.

Meta besuchte zuerst die Volkschule in der nahe gelegenen Karthäusergasse und ging dann auf die höhere Mädchenschule. Die Hoenleins gehörten der orthodoxen jüdischen Gemeinde an, besaßen aber auch gute Kontakte zu ihren nichtjüdischen Nachbarn. Sie hatten ein nichtjüdisches Dienstmädchen beschäftigt und einen Teil des Hauses an eine nichtjüdische Familie vermietet. Meta war sehr aufgeschlossen und unternehmungslustig und ging gerne ins Kino, in die Oper oder zu Konzerten und Vorträgen. (vgl. Interview der USC Shoa Foundation mit Miriam Bonne). In ihrem Freundeskreis trafen sich jüdische und nichtjüdische Bekannte zu gemeinsamen Unternehmungen am Wochenende. 

Meta Hönlein kam erstmals Anfang Mai 1926 nach Bad Kissingen und war als Kindergärtnerin bis Mitte Oktober in der Israelitischen Kinderheilstätte in der Salinenstraße tätig. Auch im folgenden Jahr arbeitete sie hier wieder in den Sommermonaten und kehrte im Oktober 1927 endgültig nach Nürnberg zurück. Offensichtlich ist ihr die Zeit in Bad Kissingen in Erinnerung geblieben, wie ihre Enkelin Linda schreibt: „Ich erinnere mich, dass meine Großmutter mir von ihrer Arbeit im Kindergarten erzählte. Sie sagte, ihre Stimme sei vom Singen ganz heiser geworden" (Linda Nachenberg 19.02.2024).

1929 lernte Meta dann ihren späteren Mann Martin Bonne auf einer Veranstaltung der orthodoxen jüdischen Gemeinde kennen. Im Mai 1933 heiratete sie den Fell- und Häutehändler, und ein Jahr später wurde ihre Tochter Beatrice (1934 - 2010) geboren. Die Eltern erkannten früh, dass sich die Situation in Deutschland durch die Naziherrschaft für sie verschlechtern würde. "Im Dezember 1933 fuhr Miriam mit dem Schiff nach Israel (von Italien nach Haifa), um ihren Schwager Alfred Bonne zu besuchen und um zu sehen, ob Israel ein geeigneter Ort zum Leben sei. Ihr Mann war damals Geschäftsmann und kaufte und verkaufte Tierhäute, die gegerbt werden sollten. Ihr Schwager riet ihr wegen des Berufs von Martin Bonne davon ab, nach Israel zu ziehen...'Wir brauchen keine Geschäftsleute, wir brauchen Farmer'" (Aufzeichnungen von Miriam Bonne).externer Link

Meta und ihr Mann reisten daraufhin in die Niederlande, um die Möglichkeit einer Auswanderung zu sondieren, aber auch dieser Versuch scheiterte, ebenso wie Pläne, nach Portugal auszuwandern. Sie registrierten sich auch für die amerikanische Quotenregelung, aber die Wartezeit war sehr lang und sie kannten niemanden in den USA, der ihnen helfen konnte. (ebenda)

Als die Lage Ende 1938 immer bedrohlicher wurde, besuchte Martins Bruder Walter Meta im Krankenhaus, die gerade ihren Sohn Jakob zur Welt gebracht hatte und erzählte ihr, dass er plane, nach Kuba auszuwandern. Es gebe eine Möglichkeit, nach Kuba einzureisen. Beim amerikanischen Konsulat könne man ein Transitvisum erhalten. Damit könne man sich für 24 Stunden in den USA aufhalten, um dann in ein anderes Land zu reisen. Und nach Kuba konnte man zu diesem Zeitpunkt noch ohne Visum einreisen. Daraufhin schlug Meta ihrem Mann vor, dasselbe zu tun.

„Martin zögerte, seine Frau mit einer vierjährigen Tochter (Beatrice Bonne) und einem Neugeborenen (Jack Bonne) zu verlassen, aber Miriam drängte ihren Mann, Deutschland zu verlassen. Sie war der Meinung, dass er von außerhalb des Landes vielleicht mehr für die Familie tun könnte (und versuchte, sie aus Deutschland herauszuholen), und dass Frauen und Kinder hoffentlich nicht zu Schaden kämen. Er ging!" (ebenda). 

Die Rettung Metas und ihrer Kinder gestaltete sich äußerst dramatisch und dabei spielte Metas Bruder Joseph eine wichtige Rolle. „Joseph Hoenlein, der ein weltweit tätiger Handelsvertreter war[,]...hatte einen Freund/Kollegen, mit dem er zusammenarbeitete und der den Nachnamen Rasmussen trug. Rasmussen hatte die Tochter des Bürgermeisters von Havanna, Kuba, geheiratet. Martin Bonne, der sich jetzt in Kuba aufhielt, ging zum Bürgermeister von Havanna und erklärte ihm die Situation und dass er seine Familie aus Deutschland herausholen wollte. Der Bürgermeister erteilte Martin Visa, die er an Miriam Bonne schickte!" (ebenda).

Meta versuchte auch ihre Mutter zu überzeugen, mit nach Kuba zu fliehen, doch diese lehnte ab, weil sie der jungen Familie nicht zur Last fallen wollte, und sich schwer vorstellen konnte, in einem fremden Land ein völlig neues Leben zu beginnen (vgl. Interview Miriam Bonne).

Meta und ihre beiden Kinder gingen am 13. Mai 1939 in Hamburg an Bord der St. Louisexterner Link, die 937 jüdische Flüchtlinge nach Kuba bringen sollte. Das Schiff kam am 25. Mai 1939 in Kuba an, durfte aber nicht in Havanna anlegen und musste außerhalb ankern. Die kubanische Regierung erklärte nämlich die Einreisegenehmigungen der Passagiere für ungültig, nachdem ihr bekannt geworden war, dass der kubanische Generaldirektor für Einwanderung Manuel Benito Gonzalez Einreisegenehmigungen für Kuba in ganz Europa verkauft hatte, um Geld zu verdienen. Die meisten Passagiere besaßen nur diese Papiere und durften nicht einreisen.

Meta und ihre Kinder gehören zu den 29 jüdischen Passagieren, die über ein gültiges Visum verfügten und an Land gelassen wurden. Martin Bonne konnte seine Frau und seine Kinder in die Arme schließen. Die Familie blieb bis November in Kuba, bis ihre Quotenzahl in den USA erreicht war. Sie segelten auf dem Schiff „Oriente" von Havanna nach New York und ließen sich in Brooklyn nieder (vgl. ebenda).

Die St. Louis musste mit ihren Passagieren Kuba verlassen und der Kapitän steuerte daraufhin die US-Küste an, um an einem Hafen anzulegen. Doch auch die US-Regierung lehnte eine Aufnahme der Flüchtlinge ab, so dass über 900 jüdische Flüchtlinge wieder nach Europa zurückgebracht und nach vierwöchiger Irrfahrt von England, Belgien, der Niederlande und Frankreich aufgenommen wurden. Etwa ein Viertel von ihnen wurde später von den Nationalsozialisten ermordet. 

Metas Vater Michael war im Januar 1936 in Nürnberg gestorben. Vier seiner Geschwister (Louise, Juli verh. Goldbach, Hermann und Gustav) wurden in Riga bzw. Stutthof ermordet. Metas Mutter Hannchen gelang mit Hilfe ihres Sohnes Joseph noch die Flucht aus Deutschland. Joseph Hoenlein beschreibt die Einzelheiten der komplizierten Rettung: „ Wir hatten sie 1939 aus Deutschland herausgeholt und in Belgien angesiedelt, von wo aus wir sie nach der Invasion in das unbesetzte Frankreich nach Marseille brachten. Da ich befürchtete - und das nicht zu Unrecht, wie die jüngsten Ereignisse zeigen -, dass sie auch dort nicht vor rassistischer Verfolgung sicher sein würde, gelang es mir, sie nach Casablanca zu bringen, und nachdem mein Cousin, der in Kuba lebt, ein Einreisevisum für dieses Land erhalten hatte, bekam ich das Ticket nach Kuba" (Brief Joseph Hoenlein an den kubanischen Präsidenten Fulgencio Batista, 19. Oktober 1942externer Link). In diesem Schreiben bittet er den Präsidenten, seine 69-jährige Mutter, die nach ihrer Ankunft in Kuba in einem Übergangslager festgehalten wurde, freizulassen. Wann Hannchen Hoenlein freikam und wann sie in die USA ausreiste, ist nicht bekannt, sie starb im Januar 1959 in New York.

Metas Bruder Joseph überlebte die NS-Zeit. Er war nach Kolumbien ausgewandert (zu welchem Zeitpunkt ist bisher nicht bekannt) und erwarb die kolumbianische Staatsbürgerschaft. Er nannte sich nach der Auswanderung Jose Hoenlein und lebte in Bogota. Nach Angaben der Familie besuchte der international tätige Geschäftsmann häufig seine Schwester in den Vereinigten Staaten. Er starb im Dezember 1998 in Bogota.  Sowohl im Koblenzer Gedenkbuch als auch auf der Datenbank Yad Vashem findet sich allerdings ein Eintrag, nach welchem Joseph Hönlein am 29. November 1941 nach Riga-Jungfernhof deportiert wurde. Yad Vashem gibt an, dass er ermordet wurde. Ob es sich dabei um einen Irrtum handelt, oder ob es in Nürnberg noch einen zweiten Joseph Hoenlein mit demselben Geburtsdatum (6. Juni 1904) gab, konnte bisher nicht geklärt werden. Linda Nachenberg, seine Großnichte, die Joseph (Jose) selbst noch kennengelernt hatte, schreibt, dass in der Familie nichts von einer Deportation bekannt sei (Linda Nachenberg, Mail v. 19.02.2024).

Metas Mann Martin hatte nach der Emigration auch in den USA wieder ein Geschäft mit Fellhandel eröffnet, er starb im Oktober 1982. Meta Bonne, die nach ihrer Emigration durchgängig Miriam Bonne genannt wurde, war - nach den Worten ihrer Enkelin Linda - fleißig, ausdauernd und unbeugsam. „Ich glaube, das hat ihr geholfen zu überleben, als sie aus Nazi-Deutschland floh und in einem neuen Land, in dem sie die Sprache nicht beherrschte, ein ganz neues Leben beginnen musste. Sie und mein Großvater machten harte Zeiten durch, als sie versuchten, sich ein neues Leben aufzubauen (vor allem in finanzieller Hinsicht). Diese Eigenschaften ermöglichten es ihr, fast 100 Jahre alt zu werden. Mit anderen Worten: ‚She was a tough old bird.‘ "  Meta Miriam Bonne starb im Juni 2005 in New York, kurz vor ihrem 100. Geburtstag. Deutschland und ihre Geburtsstadt Nürnberg hat sie nach ihrer Emigration nie wieder besucht.

Aus dem Fotoalbum:


Quellenangaben


Personalliste der Israelitischen Kinderheilstätte, Jahrgang 1926/1927, Stadtarchiv Bad Kissingen
Informationen Linda Nachenberg (Enkelin Meta Bonnes), Mail vom 19.02.2024
Aufzeichnungen von Miriam Bonneexterner Link, Miriam Bonne, Beatrice Bonne, and Jack Bonne- The Story of the SS St. Louis
Brief Joseph Hoenlein an den kubanischen Präsidenten Fulgencio Batista, 19. Oktober 1942externer Link
USC Shoa Foundation, Visual History Archive, Interview Miriam Bonneexterner Link
Datenbank Ancestry, Familienstammbaum Meta Hönleinexterner Link
Datenbank Myheritage, Meta Hönleinexterner Link
Datenbank Myheritage, Meta Miriam Bonne (geb. Hoenlein) In MyHeritage Stammbäumeexterner Link
Datenbank Genicom, Meta Hönleinexterner Link
Datenbank Ancestry, Meta Hönlein in der Sammlung Nürnberg, Deutschland, Heiratsregister 1876-192externer Link2
Datenbank Ancestry, Hoenlein in der Sammlung Ansbach, Deutschland, Auszüge aus lutherischen Kirchgemeinderegistern, 1526-1940externer Link
Datenbank Ancestry, Meta Bonne in der Sammlung New York, USA, Listen ankommender Passagier und Besatzungen (einschließlich Castle Garden und Ellis Island), 1820-1957externer Link
Datenbank Myheritage, Jakob Michael Hönleinexterner Link
Datenbank Myheritage, Jakob Michael Hönlein In Geni Welt-Stammbaumexterner Link
Datenbank Genicom, Jakob Michael Hönleinexterner Link
Datenbank Familysearch New York City. Einwanderungsunterlagen 26. Okt. 1939–30. Okt. 1939, Martin Bonneexterner Link
Datenbank Familysearch, Vereinigte Staaten. die Einbürgerungsurkunden 15. Dezember 1944, Martin Bonneexterner Link
Liste der Nürnberger Shoaopfer, Joseph Hönlein (Nr. 841) [Joseph Hönlein hat die NS-Zeit überlebt; er emigrierte nach Kolumbien!]externer Link
Gedenkbuch Koblenz, Eintrag Hönlein Josephexterner Link
Yad Vashem Zentrale Datenbank der Namen der Holocaustopfer, Hönlein Josephexterner Link
Datenbank Genicom, Jose (Joseph) Hönleinexterner Link
Holocaust Survivors and Victims Database, THE ST. LOUIS: FULL PASSENGER LIST AND ASSOCIATED DOCUMENTS (ID: 49482)externer Link
Spiegel Geschichte, Irrfahrt eines Schiffs, Wie die Vereinigten Staaten 937 jüdische Flüchtlinge abwiesenexterner Link

Bildnachweise


© Fotoarchiv Linda Nachenberg und Nurit Bertha Giliath, Datenbank Genicom



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