Personendaten
Apolant Emma
Eltern: Siegmund und Ida Wolff
Ehemann: Dr. Edgar Apolant sen.
Kinder: Edgar Apolant jun. (Siegmund), Eva verh. Schröder
Schwägerin: Ella Apolant
Bismarckstraße 20/22 später Menzelstraße 8
Juli 1941 emigriert in die USA
Biografie
Emma Apolant geb. Wolf wurde am 28. September 1872 als Tochter des Bankiers und Kommerzienrats Siegmund Wolff und dessen Ehefrau Ida in Posen geboren. Sie heiratete 1892 Edgar Apolant sen. in Stettin und hatte mit ihm zwei Kinder, die beide ebenfalls in Posen das Licht der Welt erblickten: Edgar Sigmund jr. (*1894) und Eva-Luise (*1898). Emmas Ehemann arbeitete als Assistenzarzt und Oberarzt an verschiedenen Kliniken in Posen und Berlin. Unter anderem war er an der Charité bei dem berühmten Internisten und Kardiologen Professor Wilhelm His tätig und ließ sich dort als Internist ausbilden. Später eröffnete er in Berlin-Wilmersdorf in der Kaiserallee 23 eine gut gehende eigene Praxis. Rasch machte er sich dort einen Namen als hervorragender Arzt. Emma Apolant und ihre Familie konvertierte zum evangelischen Glauben.
1903 zog die Familie nach Bad Kissingen.
Emmas Mann wurde 1906 zum Geheimen Sanitätsrat ernannt und ließ im gleichen Jahr in Bad Kissingen das nach ihm benannte Kurhaus Dr. Apolant bauen, ein Sanatorium für innere Erkrankungen und Diätkuren. Das dreigeschossige Gebäude wurde nach Plänen des Architekten Paul Schultze-Naumburg im barockisierenden Jugendstil errichtet und wegen wachsender Nachfrage in den Jahren 1912/13 durch ein noch größeres Nachbargebäude ergänzt. Das Sanatorium Apolant entwickelte sich in den nächsten Jahrzehnten zum wohl modernsten und übersichtlichsten Sanatorium in der fränkischen Kurstadt. Dr. Benno Latz, der in späteren Jahren ärztlicher Leiter des "Apolant" war, bewertete das Sanatorium „als eine Musteranstalt, die viel dazu beigetragen hatte, das Ansehen deutscher Wissenschaft und deutscher Gastlichkeit in der Welt zu begründen. Der prachtvolle, weite Bau war das Ideal jedes Anstaltbesitzers. Alle Wünsche, auch die des anspruchsvollsten Gastes, wurden erfüllt. Da war nichts vergessen, um dem Erholungsbedürftigen den Aufenthalt im Sanatorium zu einer fortgesetzten Freude zu bestalten[!]. Die Gästezimmer, die Gesellschaftsräume, die Badeabteilung, die Küchen, der Garten, die Veranden, die ärztlichen Sprech- und Wartezimmer waren vollkommen ausgestaltet. Zweckmäßigkeit und bester Geschmack verbanden sich zu einem harmonischen Ganzen, das für die hohe Kultur der Familie Apolant zeugte. […] Das Haus Apolant war nicht eines von den vielen Pensionen und Fremdenhäusern eines Badeortes, sondern es stellte etwas besonderes dar, auf das Bad Kissingen ein Recht gehabt hätte, stolz zu sein.“ (Sta Wü: Wiedergutmachungsbehörde IV A 1928, ausgewertet und zitiert nach Hans-Jürgen Beck, Kissingen war unsere Heimat). Das Sanatorium Apolant wurde in all den Jahren nur während der Sommermonate vom 1. März bis zum 31. Oktober betrieben, den Winter verbrachte die Familie Apolant weiterhin in Berlin, wo Edgar Apolant sen. als erfolgreicher Arzt in Berlin-Wilmersdorf praktizierte.
Nachdem Emmas Mann 1929 gestorben war, übernahm ihr Sohn Dr. Edgar Apolant junior die ärztliche Leitung des Sanatoriums, während Emma Apolant für die Betriebsleitung zuständig war. Dr. Benno Latz beschreibt sie als "die geborene Leiterin eines Sanatoriums, sie vereinigte in sich die Eigenschaften einer energischen, sparsamen Wirtschafterin, wohlbewußt für 150 Patienten und Angestellte zu sorgen[,] mit einer seltenen Liebenswürdigkeit des Herzens, die sie befähigte[,] schwierigste gesellschaftliche Aufgaben zu erfüllen." Nach 1933 sah sich Emma Apolant und ihr Sanatorium zunehmend den Restriktionen der Nationalsozialisten ausgesetzt. "Die Kissinger Nazis" - so Dr. Kurt Hasse, ein langjähriger Gast des Hauses - richteten "das sowohl ärztlich wie wirtschaftlich vorbildlich geführte Sanatorium zugrunde" (ebd). 1934 wurde Emma Apolant aus dem Kurverein ausgeschlossen. Auf langjährige nichtjüdische Gäste wurde massiv Druck ausgeübt, das Haus nicht mehr zu besuchen, "jüdische Kurgäste wurden planmäßig aus Kurgarten, Badeanstalten, Restaurants, Ausflugsorten vertrieben. Unsere christlichen und ausländischen Gäste wurden ebenfalls infam schikaniert, gefragt, warum sie ein jüdisches Haus aufsuchten, bedroht, daß sie bezüglich der Kureinrichtungen (Bäder, Trinkkuren etc.) wie die Juden in Zukunft zu behandeln seien [...], Kommissionen erschienen fortgesetzt, um die Sauberkeit der Küche zu prüfen, um das Essen der Angestellten abzukosten, um die ärztlichen Verhältnisse in der Badeanstalt zu kontrollieren. Die Störungen des Betriebes waren dauernde, meistens so, daß die Gäste davon erfuhren und unter Druck eingeschüchtert wurden, um die Stadt zu verlassen oder in ein anderes Haus (arisches) zu wechseln." (Aussagen Dr. Benno Latz, Ebd). Im Frühjahr 1938 wurde Emma Apolant auf Anordnung der Stadt gezwungen, große Schilder mit der Aufschrift "Jüdisches Haus" an der Außenseite des Hauses und im Innern der Halle anzubringen. Schließlich wurde ihr ab Oktober 1938 die Konzession endgültig entzogen. Emma Apolant versuchte bis zuletzt das Haus zu halten und bemühte sich vergeblich, auch für 1939 noch eine Konzession zu bekommen. Hilflos musste sie von Berlin aus mitverfolgen, wie das Sanatorium Apolant im Juli für einen lächerlich niedrigen Gesamtpreis an die Bayerische Vereinsbank zwangsversteigert wurde. Sie saß - so der Anwalt im Wiedergutmachungsverfahren - "körperlich und seelisch zusammengebrochen [...] mittellos in Berlin, hatte nicht die Möglichkeit, in Kissingen zu erscheinen, zumal ihr mitgeteilt worden war, daß sie verhaftet werden würde, wenn sie sich in Bad Kissingen zeigte“ (Sta Wü: Wiedergutmachungsbehörde IV A 1928, zitiert nach H.-J. Beck).
So entschloss sich Emma Apolant, Deutschland zu verlassen, und konnte von Berlin im letzten Augenblick im Juli 1941 über Barcelona in die USA emigrieren, wo ihr Sohn Edgar seit 1936 lebte.
Emma Apolant starb im Dezember 1948 im Alter von 76 Jahren in New York.
Quellenangaben
Hans-Jügen Beck, Kissingen war unsere Heimat
- Sta Wü: Nachlass Deeg 96
- Sta Wü: Wiedergutmachungsbehörde IV A 1928
- SBK, C 57 Konzessionierung der jüdischen Kurheime
Meldeakten Stadt Bad Kissingen
Datenbank German Jews 1933 One-Step Search Results
Datenbank Ancestry, New York, Passagierlisten, 1820-1957
Datenbank Ancestry, New York, bundesstaatliche und föderale Einbürgerungsregister, 1794-1943
Datenbank Ancestry, New York, Sterbeindex, 1852-1956
Bildnachweise
Werbeannonce: Kissinger Adressbuch 1925/27 © Stadtarchiv Bad Kissingen
© Todesanzeige im "Aufbau", 17.12.1948, S. 33 (225/729)
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