Personendaten


Löwenthal Rose

Nachname
Löwenthal
Geburtsname
Kohn
Vorname
Rose
Geburtsdatum
13.08.1901
Geburtsort
Gerolzhofen
Weitere Familienmitglieder

Eltern: Hermann Kohn und Amalie geb. Schwab
Geschwister: Karl
Ehemann: Ludwig
Sohn: Willi

Adresse

Ludwigstraße 5 (heutige Zählung)

Beruf/Ämter
Krankenschwester - Verkäuferin in Luxuskaufhaus in New York
Emigration/Deportation

1933 emigriert in die Niederlande 
1943 deportiert nach Theresienstadt und überlebt
November 1946 ausgewandert nach New York

Sterbeort/Sterbedatum
Sunrise/Florida - 23.09.2000

Biografie


Rose Löwenthal (Lowell) geb. Kohn ist eine der wenigen Häftlinge, die die unsäglichen Lagerbedingungen in Theresienstadt überlebt hat und im Mai 1945 befreit wurde.

Sie kam am 13. August 1901 in Gerolzhofen als erstes Kind des Geschäftsmanns Hermann Kohn und dessen Frau Amalie geb. Schwab zur Welt, 1907 folgte ihr Bruder Karl. Ihr Vater Hermann betrieb seit 1900 in Gerolzhofen eine Maschinen- und Eisenhandlung.

1927 heiratete Rose den drei Jahre älteren Bankier Ludwig Löwenthal aus Bad Kissingen, der aus einer alteingesessenen jüdischen Kissinger Familie stammte, und zog zu ihm in seine Heimatstadt. Im Januar 1928 wurde ihr Sohn Willi geboren. Roses Mann war nicht nur ein erfolgreicher Bankier, er engagierte sich auch politisch in der Kissinger Ortsgruppe der DDP und der Kissinger Sektion des „Reichsbanners“ für den Schutz der demokratischen Staatsform gegen linke und rechte Feinde. Wegen seines politischen Engagements gehörte Löwenthal zu den ersten Bad Kissinger Juden, gegen den die Nationalsozialisten nach ihrer „Machtergreifung“ vorgingen.

Auch Rose Löwenthal war deren Willkür ausgesetzt. Als im März 1933  ihr Ehemann in "Schutzhaft" genommen werden sollte, zu diesem Zeitpunkt allerdings gerade auf Reisen war, ließ Stadtkommissar Cramer kurzerhand dessen Ehefrau als "Geisel" verhaften, bis Ludwig Löwenthal sich den NS-Behörden stellte.

Nachdem Ludwig Löwenthal 1933 zweimal in Haft genommen worden war, entschloss sich die Familie noch im gleichen Jahr, unter dem Druck des nationalsozialistischen Terrors Deutschland zu verlassen. Im Oktober 1933 emigrierten die Löwenthals in die Niederlande, wo sie sich bis Januar 1936 in Den Haag niederließen. Für mehrere Monate wohnte die Familie anschließend in Voorburg, einer Stadt nordöstlich von Den Haag, bevor sie im November 1936 schließlich nach Amsterdam umzog. Ludwig Löwenthal betrieb dort einen Fahrradladen. Seit Februar 1939 lebten auch Roses Eltern, Hermann und Amalie Kohn, in Amsterdam bei ihrer Tochter.

Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen wurde die Lage für jüdische Familien in den Niederlanden immer bedrohlicher. 1943 wurden Roses Eltern wahrscheinlich durch Spitzel an die Gestapo verraten und in das Internierungslager Westerbork eingeliefert. Im Mai 1943 wurden sie nach Sobibor deportiert und ermordet. Roses jüngerer Bruder Karl war glücklicherweise 1936 in die USA emigriert und überlebte („Stolpersteine für drei jüdische Mitbürger“, Gerolzhofen, Mainpost, 22.09.2015).

Die Familie Löwenthal wurde im April 1943 nach Theresienstadt deportiert, wo Roses Ehemann Ludwig am 21. Februar 1944 infolge der unmenschlichen Lebensverhältnisse starb. Auf der Deportationsliste ist übrigens das Geburtsdatum Willi Löwenthals nicht mit dem 6. Januar 1928, sondern mit 6. Januar 1930 angegeben, offensichtlich haben Willis Eltern ihren Sohn jünger gemacht, damit er als Kind bei ihnen bleiben konnte. Willi wurde im Oktober 1944 nach Auschwitz deportiert, muss aber von dort nach Bergen-Belsen verschleppt worden sein, wo er verschollen ist. Der Schüler war zu diesem Zeitpunkt erst 17 Jahre alt (Gedenkbuch Bundesarchiv Koblenz).

Nur Rose Löwenthal hat die Deportation überlebt. Zu den Umständen ihres Überlebens gab es unterschiedliche Darstellungen. Da auf der Meldekarte des Amsterdamer Stadtarchivs weder eine Erfassungsnummer der deutschen Besatzungsmacht noch ein Vermerk über eine Deportation zu finden ist, kam die Vermutung auf, dass sie in Holland möglicherweise untergetaucht sei und so die Verfolgung durch das NS-Regime überlebt habe. Emilie Schloß, die zweite Kissingerin, die Theresienstadt überlebt hat, schreibt jedoch in einem Brief nach dem Ende des Krieges, dass Rose Löwenthal in Theresienstadt gewesen und wie ihr Sohn weiterdeportiert worden sei (Alex Kauders, New Jersey: Brief von Emilie Schloß an Dr. Heinrich Wahle vom 27.6.1946). Den Unterlagen in Theresienstadt zufolge blieb sie jedoch in Theresienstadt, wo sie in den zwei Jahren ihrer Gefangenschaft beständig von einem Quartier zum anderen wechseln musste, ehe sie dort am 8. Mai 1945 von der Roten Armee befreit wurde. Dies wird auch von Roses Nichte Leonore Damrauer und ihrem Neffen Harold Kohn bestätigt: „Nachdem Rose Löwenthal die Befreiung Theresienstadts erlebt hatte, kehrte sie zunächst im November 1946 nach Holland zurück und wanderte dann in die Vereinigten Staaten aus, wo sie sich Rose Lowell nannte.“ (Informationen Leonore Damrauer und Harold Kohn, Mail vom 22.08.2018).

Rose ließ sich in New York nieder, wo sie ihr neues Leben begann. Sie lernte die englische Sprache und machte dann eine Ausbildung zur Krankenschwester, die sie 1949 abschloss. 1952 erhielt sie die amerikanische Staatsbürgerschaft. Im darauffolgenden Jahr ging sie nochmals für ein halbes Jahr nach Europa und wohnte in dieser Zeit in Amsterdam und später (1957) noch einmal in Basel. Die Aufenthalte standen offensichtlich im Zusammenhang mit dem Wiedergutmachungsprozess, der erst 1964 zum Abschluss kam. In den Vereinigten Staaten arbeitete Rose Lowell zunächst als Krankenschwester in privaten Haushalten, ergriff dann aber mit großer Leidenschaft ihren zweiten Beruf. Sie arbeitete in den 1970er-Jahren und auch noch lange darüber hinaus als Verkäuferin in New Yorks legendärem Luxuskaufhaus der Firma „B. Altman Company“. Bis 1995 lebte sie selbständig und unabhängig in New York, bevor sie nach Sunrise in Florida ging, wo sie in eine betreute Wohnung zog.

Sie starb 2000 im Alter von 99 Jahren. Leonore Damrauer beschreibt ihre Tante Rose als „aufgeweckte, intelligente Person, resolut, aber mit optimistischer Einstellung. Sie war ausgesprochen unabhängig, liebte die Musik, Reisen und spielte gerne Bridge." Während ihres späteren Lebens war sie eine Förderin von Hadassah [zionistische Frauenorganisation in den USA, die sich insbesondere für das Gesundheitswesen in Israel und die Stärkung der Position der Frauen einsetzt] und nach ihrem Tod hinterließ sie der Organisation Vermögen im Namen ihres Sohnes Willi, der in Bergen-Belsen umgekommen war (ebd.).

325_Foto zeigt vermutlich Rose Kohn und Hausangestellte, ca. 1903 (Foto Evamaria Bräuer)
Foto zeigt vermutlich Rose Kohn mit Hausangestellter, 1903
       
325_Anwesen von Roses Vater Hermann Kohn (Foto Evamaria Bräuer)
Anwesen von Roses Vater Hermann Kohn


Quellenangaben


Hans-Jürgen Beck, Kissingen war unsere Heimat, Stand April 2017, S.705ff
Mainpost, 10.11.2005externer Link
Datenbank Genicomexterner Link
Mainpost, 22.09.2015, Stolpersteine erinnern an drei weitere ermordete Mitbürgerexterner Link
Mail Evamaria Bräuer, Gerolzhofen, 15.06.2018
Informationen Leonore Damrauer und Harold Kohn (Nichte und Neffe von Rose), Mail vom 22.08.2018
Gedenkbuch Bundesarchiv Koblenzexterner Link
StAWü WB IV A 3382 Löwenthal Rosa (Lowell) Kohn Karl, NY

Bildnachweise


Porträtfoto © Bayerisches Staatsarchiv Würzburg
andere Fotos © Evamaria Bräuer, Gerolzhofen



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