Personendaten


Wittekind Max

Nachname
Wittekind
Vorname
Max
Geburtsdatum
09.10.1903
Geburtsort
Bad Kissingen
Weitere Familienmitglieder

Eltern: Wilhelm Wittekind und Fanny geb. Mendle
Geschwister: Simon, Arthur, Paula verh. Bourquin
Ehefrau: Mina geb. Cheskel
Kinder: Ruth verh. Yudelowitz, Susan verh. Hammerschlag

Adresse

Promenadestraße 5a (alte Zählung)

Beruf/Ämter
(Realschüler) - Kaufmann
Emigration/Deportation

emigriert Mitte der 1930er-Jahre nach Palästina
später nach Südafrika

Sterbeort/Sterbedatum
Johannesburg - 26.07.1984

Biografie


Max Wittekind stammte aus einer alteingesessenen jüdischen Familie Bad Kissingens. Er kam am 9. Oktober 1903 als jüngstes von vier Kindern des Kaufmanns Wilhelm Wittekind und dessen im schwäbischen Fischach geborener Frau Fanny geb. Mendle in Bad Kissingen zur Welt. Die Familie wohnte in der "Villa Paula" in der Promenadestraße 5a. Max Wittekind besuchte zwischen September 1914 und Juni 1918 die Kissinger Realschule.

Villa Paula 1906:1907
Villa Paula in Promenadestraße 5a (alte Zählung), 1906/1907

 

Dass Max Wittekind den aufkommenden Antisemitismus zu Beginn der Weimarer Republik nicht widerstandslos hinnahm, zeigt ein Vorfall aus dem Jahr 1923. So beschädigte er „ während eines gemeinsamen Spaziergangs mit seinen Brüdern Simon und Arthur ein Werbeplakat des "Völkischen Beobachters“, das an einer Litfaßsäule beim Schweizerhaussteg angeschlagen war. [Der "Völkische Beobachter" war das publizistische Parteiorgan der NSDAP, das sich als "Kampfblatt" bezeichnete und zu einem zentralen Agitationsinstrument der NS-Propaganda entwickelte.] Der Ortsgruppenvorsitzende der NSDAP in Kissingen - der 26jährige Vertragsangestellte Christoph Linhard - stellte daraufhin am 1. Mai Strafantrag gegen Simon, Arthur und Max Wittekind wegen Sachbeschädigung. In der öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts Bad Kissingen vom 21. Juni 1923 berichtete Dr. Simon Wittekind über den Ablauf und die Ursache der Sachbeschädigung:

‚Es war Freitag vormittag am 26. April. Es war ein schöner Ausflugstag, ich ging mit meinem Bruder spazieren. An der Plakatsäule war ein großes rotes Plakat, das auffallen mußte. Ich habe es mit meinem Bruder gelesen. Mein jüngster Bruder hat mit seinem Messer die eine Stelle, wodurch sich jeder Jude betroffen und beleidigt fühlen mußte, herausradiert. Diese Stelle mußte jeden Juden verletzen. - Übergehen wir das Plakat - die eine Stelle lautet: verjudet[e] und verlogene Presse. Ich habe mich nicht an der Sache beteiligt. Wir konnten meinem Bruder nicht sagen, daß er es unterläßt, denn es ist sehr schnell gegangen.’

Zwar wurde Max Wittekind vom Kissinger Amtsgericht nicht wegen Sachbeschädigung verurteilt, doch verdankte er dies nicht etwa dessen politischer Weitsicht oder menschlichem Einfühlungsvermögen, sondern lediglich einem juristischen Formfehler. Nicht die Ortsgruppe der NSDAP sei - so das Gericht in seiner Urteilsbegründung - antragsberechtigt gewesen, sondern nur der Verlag des "Völkischen Beobachters" als tatsächlicher Eigentümer des Plakats. Nachdem dieser jedoch nicht rechtzeitig Klage erhoben habe, sei das Verfahren einzustellen gewesen“ (Beck/Walter, Jüdisches Leben in Bad Kissingen, S. 56).

Max Wittekind wurde Kaufmann und Fabrikant für Manufaktur- und Modewaren und hielt sich beruflich bedingt oft außerhalb Bad Kissingens auf (vor 1925 in Neustadt und 1932 in Neumünster). Über den weiteren Lebensweg sind nur wenige Einzelheiten bekannt.

Wie seinem älteren Bruder Simon gelang auch ihm und seiner Frau die Flucht aus dem nationalsozialistischen Deutschland zunächst nach Haifa/Palästina, wo er 1936 als Kaufmann tätig war. Später wanderte er - wie sein Bruder Simon - nach Südafrika aus, wohin auch ihrer Mutter Fanny noch im letzten Augenblick die Flucht gelang. Max Wittekind starb am 26. Juli 1984 bei einem Besuch in der Schweiz im Alter von 80 Jahren. Begraben wurde er in seiner Heimat Johannesburg.


Quellenangaben


Datenbank Genicomexterner Link
Hans-Jürgen Beck in: Beck/Walter, Jüdisches Leben in Bad Kissingen, S. 56
Schularchiv Jack-Steinberger-Gymnasium
Todesanzeige im Aufbau, 6.Juli1979, S. 20 (414/784)externer Link
StAW WKV 339/51, Bourquin/Wittekind

Bildnachweise


© Susan Hammerschlag



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