Personendaten
Kugelmann Herbert
Eltern: Felix und Alice geb. Plaut
Bruder: Heinrich
zunächst Villa Paula Promenadestraße 22/ später Hotel Herzfeld Maxstraße 9 (jeweils heutige Zählung)
emigriert 1937 in die USA
Biografie
Herbert Kugelmann, der sich nach seiner Emigration in die Vereinigten Staaten Herbert Cordier nannte, stammte aus einer alteingesessenen jüdischen Familie, deren Wurzeln sich in Kissingen bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen lassen. Seit sechs Generationen hatte sich seine Familie mit der Herstellung und Restaurierung kunstvoller Möbel und Antiquitäten beschäftigt. Sein Vater war Möbelfabrikant und Vertreter der berühmten Meißner-Porzellan-Gesellschaft, und ein Großonkel war Berater der Kunstsammlung im Vatikan.
Herbert kam am 22. April 1915 als Sohn des Möbelfabrikanten Felix Kugelmann und dessen Frau Alice geb. Plaut in Bad Kissingen zur Welt. Die Familie Kugelmann erwarb daraufhin das Hotel Herzfeld, den heutigen Bayerischen Hof, in der Maxstraße und zog dorthin um. Herbert besuchte wie sein drei Jahre älterer Bruder Heinrich die Kissinger Realschule. 1925 trat er in die erste Klasse ein und absolvierte im April 1931 die Abschlussprüfung. Die Schulzensuren zeigen, dass der Junge ganz im Sinne der Familientradition sehr kunstsinnig war und bescheinigen ihm „ausgezeichnete musikalische Anlagen“ und loben, dass er ein „sehr guter Geiger“ war (Schularchiv Jack-Steinberger-Gymnasium). Herbert und sein Bruder Heinrich Kugelmann konnten als gut integriert gelten. Sie unternahmen gerne etwas zusammen mit ihren jüdischen und nichtjüdischen Freunden, machten Ausflüge oder ritten in der Au aus. Dennoch wurden sie schon früh als Jugendliche auch mit den unmenschlichen Auswirkungen des Antisemitismus konfrontiert.
Im Juli 1932 zog Herbert nach Essen, bevor er an der berühmten "Ecole Boulle" in Paris Innenarchitektur und Möbeldesign studierte. 1937 entschloss er sich - wie sein Bruder - nach Amerika zu emigrieren: „Bad Kissingen“, so Herbert Kugelmann, „wurde damals unerträglich für junge Leute jüdischer Abstammung." Herbert erinnert sich, wie er auf der Straße als „Jüdestinker-Sekretär“ beleidigt wurde, und beschreibt seinen Abschied aus Deutschland: „Ich verließ Deutschland von Wiesbaden aus, wo mir ein Auswanderungsbeamter meine Taschenuhr und meine Kleidung gestohlen hat. Das letzte Mal, als ich in Bad Kissingen vor meiner Auswanderung war, wurde ich im hinteren Garten vom Hotel Herzfeld mit Steinen beworfen. Ein Stein landete über meinem linken Auge, und ich habe noch heute einen großen `Schmiss ´ davon“ (Brief Herbert Cordier (Palm Springs) an H.-J. Beck vom 18.09.1998).
In den USA fand Herbert Kugelmann dann zuerst bei einer Filmgesellschaft Arbeit, bevor er wieder in seinem studierten Beruf als Innenarchitekt tätig wurde. Er ließ sich zunächst in New York nieder, wo seine originellen Entwürfe für Wohnungseinrichtungen Anerkennung fanden. Später ging er nach Los Angeles, wo er mit einigen führenden Designfirmen zusammenarbeitete, bevor er sich 1958 mit seiner eigenen Firma „Continental House“ in Beverly Hills selbständig machte. Über 20 Jahre lang war er dort fortan eine erste Adresse für Fragen der Inneneinrichtung und wurde in seiner neuen Heimat in Kalifornien rasch zu einem berühmten und angesehenen Innenarchitekten und Designer. Seine Projekte erfuhren große Anerkennung und er erhielt zahlreiche Auszeichnungen für seine Leistungen. Beispielsweise wurde der Entwurf seines „Sockelhauses“ (Pedestal House) am Mulholland Drive in 40 amerikanischen Zeitschriften, u.a. der „Times“, „Life“ und im „Architectural Digest“ veröffentlicht. Sein Haus in Belair, einem Stadtteil von Los Angeles, wurde in 58 Publikationen gewürdigt. Zeitweise hatte er das Haus an ein Mitglied der amerikanischen Rockgruppe „Earth, Wind and Fire“ vermietet und fühlte sich außerordentlich geschmeichelt, dass die jüngere Generation seinen Geschmack für Innenarchitektur als ausgesprochen ansprechend empfand. Als überaus kreativer Designer gestaltete er die luxuriösen Ferienwohnungen „Rancho Las Palmas“ aus, die er nach den individuellen Wünschen der Kunden mit sogenannten „wet bars“ (Getränkebars mit Spüle), offenen Kaminen, Wellnessbädern in einem Atrium und ähnlichen Accessoires ausstattete. Er war auch einer der ersten, der künstliche Pflanzen, die natürlichen Pflanzen zum Verwechseln ähnlich sahen, in solche Atrien integrierte.
Sein renommiertestes Projekt war aber sicherlich 1961 die Renovierung des Diplomaten-Empfangsraums im Weißen Haus in Washington. Cordier war einer aus einem Gremium von acht Innenarchitekten, die die damalige First Lady Jacqueline Kennedy für diesen Auftrag auswählte. Allein die Tapeten für diesen Raum kosteten 14000 Dollar.
Herbert Cordier war vielseitig gesellschaftlich interessiert und engagiert. Er war Mitglied der „American Society of Interior Designers“ (ASID) und Vorsitzender von dessen südkalifornischem Regionalverband. Außerdem engagierte er sich als Vorstandsmitglied in der Organisation „Palm Springs Community Concerts“, die internationale Künstler zu Konzerten nach Palm Springs holte, und wirkte als Vorstandsmitglied in der „Arthritis Foundation Palm Springs Chapter“ mit, die an Arthritis Erkrankte und ihre Familien unterstützte. Auch als Kunst- und Musikkritiker trat er in Erscheinung. Heinrich Kugelmann (Herbert Cordier) starb im Juli 2002 in Desert Hot Springs in Kalifornien im Alter von 87 Jahren.
Quellenangaben
Schülerakte Jack-Steinberger-Gymnasium
Hans-Jürgen Beck, Kissingen war unsere Heimat, S.534ff
Datenbank: Prabook
Todesanzeige
California Digital Newspaper Collection, Desert Sun, Herbert Cordier, Faulkner honored by ASID, 17.02.1978
California Digital Newspaper Collection, Desert Sun, Herbert Cordier Joins Design Center, 25.03.1977
John F. Kennedy Presidential Library and Museum, White House rooms remodeling work – Diplomatic Reception Room
Bildnachweise
Porträtfoto 1 © HistoricImage
Schulfoto © Herbert Cordier
Porträtfoto 2 © Herbert Cordier
Diplomatic Reception Room, White House Washington © Robert Knudsen. White House Photographs. John F. Kennedy Presidential Library and Museum, Boston
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