Personendaten


Mainzer Hugo

Nachname
Mainzer
Vorname
Hugo
Geburtsdatum
29.12.1881
Geburtsort
Bad Kissingen
Weitere Familienmitglieder

Eltern: Maier/Mayer und Jette Mainzer geb. Rosenbaum
Geschwister: Ernestine verh. Frank, Fanny verh. Rosenthal, Bella verh. Fried, Siegfried, Adolf, Regina (Ina) verh. Grünebaum
Ehefrau: Herta geb. Cohn
Kinder: Martin, Ludwig/Lewis, Elisabeth verh. Moos

Adresse

Maxstraße - später Hemmerichstraße 26/28 (neue Zählung)

Beruf/Ämter
Viehhändler/Kaufmann - Vorsitzender der Jüd. Kultusgemeinde Halle
Emigration/Deportation

1939 emigriert nach Uruguay
1941 USA

Sterbeort/Sterbedatum
Chicago - 06.01.1960

Biografie


Hugo Mainzer stammte aus einer alteingesessenen jüdischen Familie in Bad Kissingen, die bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts als sog. „Schutzjuden“ der Herren von Erthal im „Judenhof“ wohnte. Hugos Vater Maier Mainzer verdiente seinen Lebensunterhalt als Viehhändler und war mit der in Schonungen geborenen Jette Rosenbaum verheiratet. Das Ehepaar hatte sieben Kinder. Hugo war das zweitjüngste Kind, das am 29. Dezember 1881 in Bad Kissingen zur Welt kam, und wohnte bei seinen Eltern in der Hemmerichstraße. Er trat im September 1891 in die Kissinger Realschule ein, die er im Juli 1897 mit der mittleren Reife abschloss.

Um die Jahrhundertwende zog Hugo Mainzer nach Halle und war dort Mitbesitzer der Viehhandlung „Joseph Frank, Inhaber Moritz Fried und Hugo Mainzer“, in der auch sein Schwager Moses Frank als Prokurist angestellt war. 1914 heiratete er in Erfurt die aus Schmalkalden stammende Kaufmannstochter Herta Cohn. Sie zog nach Halle, wo ihre drei Kinder Martin (1915), Ludwig (1917) und Elisabeth (1922) geboren wurden. In der jüdischen Gemeinde von Halle genoss Hugo Mainzer großes Ansehen und wurde zum Vorsitzenden der Kultusgemeinde gewählt.

Hugo Mainzer war Mitglied des liberalen Central-Vereins und der "Liberalen Vereinigung der Juden". Bis 1933 lehnte er den Zionismus entschieden ab.

Hugo Mainzers Sohn Martin Mainzer beschreibt in einem ausführlichen Oral-History-Interview auf der Homepage des Leo-Baeck-Instituts die religiöse Atmosphäre in seiner Familie: "Wir waren eine recht liberale jüdische Familie in dem Sinne, dass wir die Schabbat-Tradition - am Freitagabend zum Beispiel das Kiddush-Gebet - einhielten. Wir führten keinen koscheren Haushalt. Pesach, Rosh Hashana waren für uns Familienfeste zu Hause. Ich würde nicht sagen, dass das einen streng religiösen Charakter hatte. Es war mehr oder weniger eine gesellschaftliche Angelegenheit, eine Art Lebensweise" (Interview mit Martin Mainzer, Leo-Baeck-Institut).

Wie wenig realistisch Hugo Mainzer die politische Situation in Deutschland einschätzte, zeigt seine Reaktion auf die Juli-Wahlen 1932, als die NSDAP zur stärksten Partei im Reichstag geworden war. Als sein Sohn Martin zu ihm sagte, dass dies das Ende sei und die Nazis jetzt die Macht übernähmen, entgegnete ihm sein Vater: "Das deutsche Volk wird niemals einen Clown wie Hitler dulden."

Selbst die Anfangsjahre der NS-Diktatur und die einsetzende Verfolgung der Familie konnten Hugo Mainzer nicht von seiner Überzeugung abbringen, weiter in Deutschland zu bleiben. Als im April 1933 der Boykott auch seine Firma traf, wurde er von nichtjüdischen Freunden zwei Tage vorher gewarnt, dass er und sein Sohn Martin verhaftet werden sollten. Sie entgingen der möglichen Verhaftung, indem sie am 1. April nach Berlin fuhren. Vor ihrem Geschäft spielten sich an diesem Tag "erstaunliche Dinge ab. Die meisten unserer Kunden" - so Martin Mainzer - " waren sogenannte ‚Junker‘, die zum konservativen Spektrum in Deutschland gehörten. Sie nutzten diesen Tag zu einer Demonstration. Die Art unseres Geschäfts [Viehhandel] war gewöhnlich so, dass es nicht nötig war, dass sie zu unserem Geschäftshaus kamen, sondern wir zu ihnen. Doch an diesem Tag fuhren unentwegt Autos vor unserem Geschäft vorbei als offensichtliche Bekundung ihrer Solidarität mit der Firma meines Vaters". Zu Beginn der NS-Diktatur war die wirtschaftliche Lage der Firma noch immer gut, " 1935 war eines der besten wirtschaftlichen Jahre für das Geschäft meines Vaters." (Ebd.) Doch mit den "Nürnberger Gesetzen" 1935 änderte sich die Situation schlagartig und immer mehr Geschäftskunden beugten sich dem Druck der Nationalsozialisten und sprangen ab. Bis schließlich Anfang Oktober 1938 durch Görings Erlasse Hugo Mainzer zur Auflösung seines Geschäftes gezwungen wurde.

Erst jetzt erkannte Hugo Mainzer, dass es in Deutschand keine Zukunft für seine Familie gab. Bis zuletzt hatte er geglaubt, wirtschaftlich gesichert zu sein und seinen Lebensabend in Deutschland verbringen zu können. Doch der zunehmende NS-Terror zwang die Familie zur Emigration, immerhin konnten so alle Mitglieder der Familie Hugo Mainzer überleben. Ludwig Mainzer, der sich nach der Emigration Lewis nannte, war bereits 1936 nach Chicago emigriert, wohin ihm sein älterer Bruder Martin im Januar 1938 folgte. Beide Brüder lebten sich in Amerika gut ein. Lewis Mainzer starb 1990 mit 73 Jahren in Chicago, sein Bruder Martin überlebte ihn um zwei Jahre.

Hugo Mainzer wurde im November 1938 nach der Pogromnacht verhaftet und vorübergehend in einem Konzentrationslager inhaftiert. Nach seiner Freilassung bemühte er sich um eine Ausreise aus Deutschland. Die Einreise in die USA zu seinen Söhnen war zu diesem Zeitpunkt nicht möglich, doch glücklicherweise  konnten sie nach Südamerika ausreisen. Dort lebte der Freund ihrer Tochter Elisabeth in Buenos Aires, der ihnen zur Ausreise verhalf. Ende 1939 oder Anfang 1940 emigrierten Hugo Mainzer, seine Frau Hertha und Tochter Elisabeth zunächst nach Uruguay. Elisabeth heiratete dort ihren Freund Ernst Moos und blieb in Uruguay, wo sie bereits im Mai 1944 in Montevideo starb. Ihre Eltern konnten nach fast zwei Jahren im April 1941 durch die Unterstützung ihre beiden Söhne Ludwig und Martin in die Vereinigten Staaten einwandern.  

Hugo Mainzer lebte mit seiner Frau in Chicago, wo sich auch seine beiden Söhne Ludwig und Martin niedergelassen hatten. 1946 - inzwischen im Ruhestand - erhielt er die amerikanische Staatsbürgerschaft. Er starb im Januar 1960 im Alter von 78 Jahren, seine Frau Herta überlebte ihn noch um sieben Jahre.


Quellenangaben




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