Personendaten


Steinberger Rudolph, Dr.

Nachname
Steinberger
Vorname
Rudolph
Geburtsdatum
01.05.1924
Geburtsort
Bad Kissingen
Weitere Familienmitglieder

Eltern: Ludwig und Bertha Steinberger geb. May
Geschwister: Herbert und Hans Jakob Steinberger
Ehefrau: Geneva geb. Gaus
Kinder: Michael, Andrew, Elisabeth

Adresse

Promenadestraße 2 (heutige Zählung)

Beruf/Ämter
Chemiker, Manager bei "Hercules Incorporated"
Emigration/Deportation

Mai 1937 emigriert mit Eltern in die USA

Sterbeort/Sterbedatum
West Chester/Pennsylvania - 02.03.2017

Biografie


Rudolph Steinberger wurde am 1. Mai 1924 als jüngstes Kind des jüdischen Kantors und Religionslehrers Ludwig Steinberger und seiner Frau Bertha geb. May in Bad Kissingen geboren. Wie seine älteren Geschwister Herbert und Hans Jakob (Jack) genoss er in den ersten Lebensjahren eine behütete Kindheit. Sein Vater besaß als Kantor und Religionslehrer großes Ansehen in der Kurstadt und Rudolph bezeichnet rückblickend das Leben seiner Familie als „sorglos, aber nicht luxuriös“.

Diese unbeschwerte, glückliche Zeit für die Familie fand nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 ein rasches Ende. Auch die Familie Steinberger war den Schikanen der NS-Behörden ausgesetzt, so dass sich die Eltern entschlossen, ihre beiden ältesten Söhne vor dem Naziterror in Sicherheit zu bringen und mit einem Kindertransport in die Vereinigten Staaten zu schicken. Der Rest der Familie blieb zunächst in Bad Kissingen. Rudolph Steinberger besuchte ab dem Schuljahr 1934/35 wie zuvor seine Brüder die Kissinger Realschule und war - wie die Zensuren zeigen - ein ausgezeichneter Schüler. Sein Klassenleiter Dr. Ehrle betont nach dem erfolgreichen Abschluss der ersten Klasse: „Der Schüler ist sehr gut begabt, sehr fleissig und anständig, seine Leistungen sind vorbildlich gewesen“

Allerdings bekam Rudolph den wachsenden Antisemitismus schmerzhaft zu spüren. Als er elf oder zwölf Jahre alt war, begannen seine Mitschüler ihn wegen seines Judeseins heftig zu hänseln, so dass seine Eltern ihn auf eine jüdische Privatschule, das Realgymnasium Philantropin, in Frankfurt/Main schickten. Er lebte in Frankfurt bei einer orthodoxen Familie, deren Religiosität ihn stark beeindruckte. Nach dem Tod von Berthas Mutter im August 1936, die ihre letzten Lebensjahre in Bad Kissingen verbracht hatte, entschlossen sich die Steinbergers angesichts der sich zuspitzenden Situation in Deutschland das Land zu verlassen und emigrierten im Mai 1937 in die USA.

An die bedrückenden Umstände der Emigration erinnert sich Rudolph Steinberger: „Meine Eltern und ich emigrierten 1937 sang- und klanglos auf legale Weise in die Vereinigten Staaten. Wir hatten überhaupt kein Geld (zehn Reichsmark waren die höchstmögliche Summe, die man legal aus Deutschland mitnehmen durfte). Wir wurden durch jüdische Wohlfahrtsvereine unterstützt und lebten ein Jahr lang auf einer Farm in Aurora in Illinois, dank der Großzügigkeit von Barnett Faroll, Jacks Pflegevater in Winnetka“.

Rudolph Steinberger besuchte in Amerika zunächst die High School in Aurora und Chicago, ehe er für zwei Jahre an das Wright Jr. College in Chicago ging. 1943 schrieb er sich an der Universität von Chicago ein, wurde aber noch im selben Jahr zur Navy eingezogen. Nach seiner Grundausbildung wurde er nach Hawaii versetzt. Obwohl er dort die amerikanische Staatsbürgerschaft erhielt, stufte man ihn als „feindlichen Ausländer“ ein und schickte ihn kurz vor dem Auslaufen seiner Einheit zurück in die Staaten. Rudolph Steinberger wechselte zu einer Sanitätseinheit. Ein Jahr lang war er dann noch am Brooklyn Naval Hospital tätig, bevor er nach Kriegsende 1946 aus der Armee entlassen wurde.

Rudolph nahm nun an der Universität von Chicago das Chemiestudium wieder auf. 1949 heiratete er seine Mitstudentin Geneva Gaus, die aus einer protestantischen deutsch-amerikanischen Einwandererfamilie aus Chicago stammte. Sie war nach der Heirat als vielseitig begabte Künstlerin und Kunsthandwerkerin tätig. Sie hatten drei Kinder (Michael *1951, Andrew *1953, und Elizabeth *1964) and genossen 55 gemeinsame glückliche Ehejahre, bevor Geneva 2004 starb.

Nachdem Rudolph 1950 seinen Doktor der Chemie über die chemischen Prozesse im Krebszyklus gemacht hatte, nahm er ein Angebot der Firma "Hercules Incorporated", eines Chemie- und Munitionsherstellers, an. Bis zu seiner Pensionierung 1986 arbeitete er sehr erfolgreich in verschiedenen Bereichen dieser Firma, zuletzt als Manager. Nach seiner Pensionierung engagierte er sich in Kennett Square bei verschiedenen zivilgesellschaftlichen Initiativen und lokalen Projekten, unter anderem als Vorsitzender der Kennett Area Parks Behörde und mitwirkend an der Entwicklung des  Anson B. Nixon Parks in Kennett Square. Bis ins hohe Alter schrieb er regelmäßig für eine lokale Zeitung in einer eigenen Kolumne viel gelesene Kommentare. Ein schwerer Schicksalsschlag stellte für ihn der Tod seiner geliebten Frau Geneva im Jahr 2004 dar. Rudolph Steinberger starb am 2. März 2017 in Kennett Square im Alter von 92 Jahren.

Ein Nachruf vermittelt einen Eindruck über die Persönlichkeit Steinbergers: „Rudi verband herausragende Intelligenz und Neugier mit Zurückhaltung, Bescheidenheit und Offenheit. Er besaß ein hohes Maß an intellektueller und moralischer Integrität. Er war ein wunderbar liebenswürdiger Mensch mit ausgeprägtem Gemeinsinn und unerschöpflichem Sinn für Humor.“

510_Rudolph Steinberger bei der Einschulung
Rudolph Steinberger bei der Einschulung


Quellenangaben


mit leichten Änderungen übernommen aus: Hans-Jürgen Beck, Kissingen war unsere Heimat, Stand April 2017, S.819ff
Schülerakte Jack-Steinberger-Gymnasium
Obituary for Rudolph Steinbergerexterner Link

Bildnachweise


Porträtfoto © Lisa Steinberger
weiteres Foto © Jack Steinberger



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