Personendaten


Lippmann Frieda

Nachname
Lippmann
Geburtsname
Ehrlich
Vorname
Frieda
Geburtsdatum
07.11.1892
Geburtsort
Bad Kissingen
Weitere Familienmitglieder

Eltern: Felix Ehrlich und Clara Ehrlich geb. Oppenheim
Geschwister: LudwigElse verh. Michelsohn, Franz, Paul, Martha verh. Aufrichtig, Gustav 
Ehemann: Georg Lippmann
KInder: Traudel (Trudi) und Bertel (Bertha)

Adresse

Ludwigstraße 10 (heutige Zählung)

Beruf/Ämter
Emigration/Deportation

emigriert in der NS-Zeit nach England

Sterbeort/Sterbedatum
England - 1969

Biografie


Frieda (Friedel) Lippmann geb. Ehrlich stammte aus einer alteingesessenen jüdischen Handelsfamilie. Ihr Großvater Samuel Ehrlich hatte 1841 die Lizenz zum Stoffhandel erhalten und später ein Textilgeschäft in der Oberen Markstraße eröffnet. Dessen Sohn Felix Ehrlich baute das Familienunternehmen weiter aus und erhielt die Auszeichnung „königlich-bayerischer Hoflieferant“. Seit 1887 führte er dann an der Ecke Ludwigstraße/Kurhausstraße ein florierendes Modehaus. Nach der Heirat mit Clara Oppenheim kam am 7. November 1892 als jüngstes Kind Frieda Ehrlich zur Welt.

Frieda Ehrlich heiratete 1913 den aus Chemnitz stammenden Georg Lippmann und zog in seine Heimatstadt. Ihre Tochter Bertha kam am 4. Juli 1917 in Würzburg zur Welt und im Januar 1920 wurde Trautel (Trudi) geboren. Friedas Neffe Hans Josef Ehrlich (Joske Ereli) erzählt in seiner Autobiografie, dass Friedas Mann, der als Handelsvertreter viel auf Reisen war, der einzige in der Ehrlich-Verwandtschaft war, der damals ein Automobil besaß, und zwar der Firma „Wanderer“ (vgl. J. Ereli, S.43). Damit unternahmen die Lippmanns ausgedehnte Reisen, auch zum Winterurlaub in der Schweiz oder in Österreich, wo die Kinder das Skifahren lernten. Zunächst hatten sie einen eigenen Chauffeur, aber bald steuerte Georg Lippmann, der offensichtlich ein leidenschaftlicher Autofahrer war, seinen „Wanderer" selbst. Ein- oder zweimal im Jahr fuhren sie auch nach Bad Kissingen, um die Ehrlich-Verwandtschaft zu besuchen.

Familie Lippmann war eine wohlhabende Familie und konnte sich ein stattliches Wohnhaus leisten (siehe Fotoalbum), denn Friedas Mann hatte eine Firma, die Eisenträger für Gebäude und Eisenbahnschienen vertrieb und recht erfolgreich war, und bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten trübte nichts das Familienglück. Friedas Tochter Berta schildert in einem Interview mit der Shoa Foundation aus dem Jahre 1996 rückblickend, wie glücklich ihre Kindheit mit den liebevollen Eltern war. Sehr religiös sei die Erziehung im Elternhaus nicht gewesen, es gab keine koschere Küche. An den hohen Feiertagen besuchte man die Synagoge in unmittelbarer Nähe des Wohnhauses, aber weniger aus religiösen Gründen, sondern mehr aus Respekt für die Lippmann-Großeltern, denn ihr Großvater hatte zum Bau der neuen Synagoge beigetragen (vgl. USC Shoa Foundation, Interview mit Berta Rafael, 1996)externer Link.

Als die Nationalsozialisten 1933 die Macht übernahmen, änderte sich die Situation schlagartig für die Familie. Die Reichsbahn erklärte, dass sie keine Waren mehr von einem jüdischen Geschäftsmann beziehen würde. Daraufhin wurde die Firma von einem nichtjüdischen Prokuristen übernommen. Nach dem Krieg entschuldigte sich dieser bei Georg Lippmann für sein Verhalten und zahlte ihm eine hohe Entschädigung. Bereits im Jahr 1934 schickten Frieda und ihr Mann die ältere Tochter Berta, die der zunehmende Antisemitismus in Deutschland in Angst versetzte, für zwei Jahre zur weiteren Ausbildung nach England. Sie wurde dort bei „Onkel Ludi" in London untergebracht, einem wohlhabenden Onkel Friedas, der in den nächsten Jahren vierzig weiteren Mitgliedern der Ehrlich-Familie die Ausreise nach England ermöglichte und für sie bürgte.

Auch in diesen schwierigen Jahren verloren Frieda und ihr Mann nie die Zuversicht. Berta beschreibt ihre Eltern als „glückliche, optimistische Menschen, die sich nie beklagt haben oder sagten, ‚alles war besser, als wir jünger waren‘. Sie schwammen einfach mit der Strömung, was ich sehr bewunderte" (ebenda). 

Georg Lippmann fand eine Beschäftigung  als Geschäftsmann einer englischen Handschuhfabrik, die ein guter Freund besaß, so dass auch in den nächsten Jahren für das Auskommen der Familie gesorgt war. Frieda, ihr Mann und die jüngste Tochter lebten zunächst weiter in Chemnitz, bis sich die Situation im Herbst 1938 zuspitzte. Im November 1938 feierten Frieda und Georg ihre Silberhochzeit in Berlin, als der Pogrom ausbrach. Georg Lippmann versteckte sich eine Woche lang, um nicht festgenommen zu werden. Immer wenn es an der Tür klingelte, kroch er in den Kofferraum seines Autos. Nach einer Woche, als ihm ein Bekannter bei der Polizei in Chemnitz signalisiert hatte, dass sich die Situation dort entspannt habe, kehrte er für kurze Zeit nach Chemnitz zurück, verließ aber noch Ende 1938 Deutschland und emigrierte nach England. „Onkel Ludi" hatte auch für sie eine Bürgschaft gegenüber den britischen Behörden abgegeben.  

Frieda blieb zunächst noch in Chemnitz, erledigte alles, was zur Ausreise erforderlich war und zahlte die Reichsfluchtsteuer, um die für die Ausreise erforderlichen Unterlagen zu erhalten. Im August 1939, kurz vor Kriegsbeginn, gelang auch ihr die Überfahrt nach England, so dass die ganze Familie in Sicherheit war (ebenda).

Georg und Frieda Lippmann fanden Zuflucht im Landhaus von  Onkel Ludi in Bexley (vgl. JK. Ereli, S. 68). In der wirtschaftlich schwierigen Anfangszeit in England nach dem Krieg musste Friedas Mann Georg den Lebensunterhalt der Familie als Fabrikhilfsarbeiter verdienen. (The London Gazette, 16.01.1948). 

Ihre beiden Töchter Berta (1917 - 2005) und Traudel, die sich jetzt Trude nannte (1920 - 2019)  wanderten nach dem Krieg in die USA aus und hatten ein langes und erfülltes Leben. Berta Rafael, die lange Jahre als Direktorin von Einrichtungen für behinderte Kinder tätig war und Programme zur Therapie entwickelt hatte, gab der Shoa Foundation 1996 ein bemerkenswertes Interview, in dem sie auch ein anschauliches Bild ihrer Eltern zeichnet. Sie strahlt dabei Lebensfreude und Tatkraft aus, Eigenschaften, die sie auch an ihrer Mutter Frieda und ihrem Vater Georg bewundert hat.

Frieda Lippmann starb 1969 in England im Alter von 66 Jahren, ihr Mann Georg war nach Angaben seiner Tochter Berta 1968 gestorben.
 


Quellenangaben


Hans-Jürgen Beck, Kissingen war unsere Heimat, Stand April 2017, S.579
Joske Ereli: Von Hampi Ehrlich zu Jossl Ereli - Meine Lebensgeschichte
USC Shoa Foundation, Interview mit Berta Rafael, 1996externer Link
The London Gazette, 16.01.1948, S. 425externer Link
Meldeunterlagen Stadt Bad Kissingen
Meldeunterlagen der Stadt Chemnitz, Mail von Dr. Pfalzer vom 10.09.2018

Bildnachweise


© Joske Ereli, Ein Gedi und Berta Rafael geb. Lippmann)



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